Achtung, dies ist ein nahezu spoilerfreier Artikel.
Ich bin wieder mal im Tschinema gewesen – wow, schon zwei Besuche in zwei Wochen – und diesmal trug mich ja eine wahre Welle des Hypes dorthin, denn Christopher Nolans “The Dark Knight” hatte im Vorfeld schon – gelinde gesagt – einiges an Aufmerksamkeit erregt.
Zunächst mal starb bekanntermaßen Hauptdarsteller Heath Ledger, der den Joker spielte, nur wenige Monate nach Ende der Dreharbeiten unter eher unschönen Umständen (unglückliche Kombination verschiedener Medikamente). Dies schürte verschiedene Gerüchte und die Tragik seines Todes trug sicher nicht unerheblich zum noch nicht ganz geborenen Mythos des Filmes bei, lange bevor er veröffentlicht war. Kumuliert mit der eh schon gespannten Erwartungshaltung auf den neuen Batman-Film, nachdem Nolan das Franchise mit einer doch sehr neuen Interpretation des dunklen Ritters basierend auf den Comics von Frank Miller erfolgreich wiederbelebt hatte, führte dies dazu, dass der Film der erfolgreichste Filmstart aller Zeiten (in den USA) werden konnte. Bis zur Veröffentlichung hier in Deutschland schwappte der Hype schon mal über den Atlantik und folglich war ich auch eher etwas skeptisch, ob der Film dem überhaupt gerecht werden kann, zumal die Geschichte um den Joker und Batman ja schon einmal von Tim Burton anno 1989 inszeniert worden war.
Die Geschichte kurz angerissen:
Batman (Christian Bale) arbeitet nachts daran, Gotham City vom Gesindel zu befreien, Staatsanwalt Harvey Dent (Aaron Eckhart) verfolgt das gleiche Ziel, allerdings tagsüber. Dent ist auch mit Bruce Wayne‘s Ex-Freundin Rachel Dawes (Katie Holmes Maggie Gyllenhaal) zusammen. Während die Stadt nicht so richtig weiß, was sie von ihrem dunklen Ritter halten soll, der sich auch nur nicht an das Gesetz hält, arbeitet lediglich Jim Gordon (Gary Oldman) mit ihm zusammen, um die Mafiaorganisation der Stadt zu überführen. Währenddessen taucht ein neuer Verbrecher, der Joker (Heath Ledger) auf, der sich mit seinen Diebstählen hervor tut. Er schlägt den Mafiabossen der Stadt vor, Batman für sie zu töten und verlangt dafür die Hälfte ihres Vermögens, welches ein verbrecherischer Geschäftsmann aus Hong Kong vor der Gothamer Polizei in Sicherheit gebracht hat. Diese willigen ein und der Joker kündigt eine Mordserie an, bei der er jeden Tag einen Menschen tötet, solange Batman nicht seine wahre Identität preisgibt. Nachdem es nicht gelingt, die ersten Morde zu verhindern, bereitet sich Bruce Wayne darauf vor das Geheimnis zu lüften, denn unter anderem stehen auch Staatsanwalt Dent und Rachel auf des Jokers Abschussliste.
Bis hierhin ist der Film inhaltlich eher unspektakulär (das war ungefähr die gefühlte Hälfte) und obwohl opulent inszeniert, hervorragend gespielt (besonders tatsächlich Ledger, der ganz klar der eigentliche Hauptdarsteller ist) und gut erzählt, fand ich, dass der Film seinem Ruf nicht gerecht wird. Wie gesagt,bis hierher, denn man kann wohl sagen, dass dies lediglich die relativ lange Exposition ist, der Film nimmt ab hier mehrere sehr spannende wie geniale Wendungen, Hauptcharaktere sterben und es ist wohl nicht zuviel verraten, dass neben der Vogelscheuche (kurz am Anfang) und dem Joker noch ein dritter Schurke – “Two Face” – auftaucht. Mehr kann ich an dieser Stelle kaum verraten, ohne wichtige Überraschungsmomente zu zerstören.
Der Film, der mit seiner düsteren Atmosphäre jeden anderen aus der Reihe in den Schatten stellt, ist im Ganzen sehr bodenständig und subtil, insbesondere für eine Comicverfilmung. Batman spielt wie gesagt nur die zweite Geige und muss sich die auch noch mit Bruce Wayne in Reinform teilen, weil er tagsüber ja nicht umherfliegen kann. Die Rollen von Batman und Wayne scheinen (wie schon in Batman Begins) nicht so klar getrennt zu sein, wie in den ersten vier Filmen, was dem Ganzen mehr Tiefe und eine neue Definition hinzufügt. Das in “Batman Begins” zerstörte “Wayne Manor” ist immer noch zerstört, Wayne hat eine Stadtwohnung, die Bathöhle ist eher unspektakulär pragmatisch, ebenso die Spielzeuge (neuer Anzug, auch neu: das BatPod). Der Fokus liegt klar auf den Figuren. Der Joker ist – bei aller Gewalt oder Action, die es trotzdem gibt – ein psychologischer Gegner und insofern wird auch auf beiden Ebenen opulent gefochten, anders noch als bei Nicholsons Joker, der partiell auch ein kaltblütiger Clown war, ist der Filme bis auf wenige konterkarierende Komikmomente sehr ernst.
Ledger gibt einen Psychopathen, frei von Moral, aber auch eine Art Eulenspiegel, der den Menschen ihre angeblichen Wertvorstellungen und Ethik durch Umkehrung und Gegenbeweis vorhält. Wie erhandelt läßt sich nicht mit Logik erklären. Der Film hat auch einen kurzen Big Brother / Krieg gegen den Terror – Kritikmoment, als Batman/Wayne selbst von seinem Ausrüster Lucius Fox (Morgan Freeman) unbemerkt eine Technologie entwickelt, um alle Mobiltelefone der Stadt abzuhören und den Joker ausfindig zu machen. Fox weigert sich weiterzuarbeiten, solange diese Technologie existiert, Wayne kontert, er habe nur ihm die Kontrolle über das System zugedacht und am Schluss wird das Ganze nach erfülltem Zweck dann auch vernichtet. Nicht unbedingt so subtil wie der Rest des Filmes, aber ein durchaus wichtiger Denkanstoss.
Dass der Film die erfolgreichste Batman-Verfilmung ist, liegt also nicht nur am Tod eines der Hauptdarsteller, es ist wirklich ein überragender Film, der es verdient hat. Neben der fast schon selbstverständlichen visuellen Brillianz – erstmals wurden vier Actionszenen eigens im IMAX Format gedreht und werden in entsprechenden Kinos in voller Größe gezeigt – spielt der Film geschickt mit seinen Figuren und der Glaubwürdigkeit, die ihm die Inszenierung verleiht. Und Batman ist kein Held, zumindest nicht der einzige, auch wenn am Schluß hollywood-typisch ihm die Sympathie gilt. Er wird mehr als einmal im Film hinterfragt, nicht zuletzt in den Zwiegesprächen zwischen Alfred (Michael Caine) und Wayne, die im Grunde inneren Dialoge sein könnten. Aber Christopher Nolan gelingt es Batman, den Superheld ohne Superkräfte (vom Reichtum mal abgesehen), in eine glaubwürdige, der Wirklichkeit sehr nahen Welt zu packen, die auch eine Rolle spielt. Anders als in Fantastic Four, wo die Reaktion der Leute auf die Helden unheimlich albern und entrückt wirkt, gelingt es in “The Dark Knight” den Kontext für die Geschichte bedeutsam zu nutzen, beispielsweise wenn mutige Menschen durch ihre Familien angreifbar werden oder Interessen gegeneinander ausgespielt werden.
Die Musik, wieder von Hans Zimmer und James Newton Howard komponiert, ist sehr pointiert mit wenigen, zentralen Themen und wird ergänzt durch simple, spannungsgeladene Rhythmen. Es ist eigentlich in weiten Teilen weniger Musik als minimalistische musikalische Soundeffekte, sie spielen im Gegensatz zu anderen Filmen keine durchgängige eigene Rolle sondern ergänzen die Optik (und die Bässe haben ja ohnehin eher haptischen Charakter).
Richtig erschreckend sieht übrigens “Two Face” aus, dessen halbe Gesichtshälfte ja durch einen Brand stark verletzt wird, dagegen wirkt Tommy Lee Jones Make-Up in “Batman Forever” wie eine schlechte Maske. Da hat die Special Effects Abteilung ganze Arbeit geleistet.
Ich muss mir den Film sicher noch einmal anschauen, aber er hat schon einen tiefen Eindruck hinterlassen und ich möchte mal behaupten, das ist der neue, sehr hohe Maßstab für Comicverfilmungen. Und natürlich wird schon über eine mögliche Fortsetzung diskutiert, obwohl man bezweifeln kann, dass dieser Film noch übertroffen werden kann.