Jaja, eigentlich wollte ich den zweiten Teil schon viel früher fertig schreiben. Aber was lange währt, wird endlich fertig. Viel Freude!
17 Tage nach Auferstehung
Teamwork! Hätte ich viel eher drauf kommen können. Wenn meine Texte nicht gut genug sind, warum soll ich sie selbst verfassen? Sind doch genug talentierte Jünger da, also hab’ ich heute verkündet, ich möchte gerne, dass jeder der schreiben kann, ein Evangelium verfasst. Über mein Leben. Hauptsächlich. Da kam Johannes gleich von wegen “Bäh, wie langweilig.” und “Wo bleibt die künstlerische Freiheit?”. Hab’ dann gemeint, da kann ruhig jeder selbst was draus machen, sich was einfallen lassen und interpretieren. “Überrascht mich!” Als Beispiel hab’ ich dann noch die Geschichte vom See Genezareth erzählt. Da bin ich ja mal voll aus dem Boot gefallen, weil wir alle mächtig einen im Tee hatten. “Nun stellt euch mal vor, da wäre ein mächtiger Sturm gewesen oder so. Da kann man doch was draus machen! Seid mal kreativ! Überhöht das Ganze ein bißchen!” Johannes hat wieder den Vogel abgeschossen: “Na, was zum Beispiel. Das du über’s Wasser läufst?” Alle haben gelacht, aber im Nachhinein dachte ich: Gar nicht mal so übel. Vater steht ja auf solche Sachen. Ich wollte es gleich twittern, musste dann aber feststellen, dass wir Twitter ja erst in 1977 Jahren geplant haben. Schon doof, wenn man so gar kein Zeitgefühl hat. Mal schauen was draus wird.
20 Tage nach Auferstehung
Zeit für Musik! dachte ich heute früh und fing an ein paar Songtexte für das Christentum zu schreiben. Besondere Herausforderung, denn sie sollten Ohrwurmqualitäten haben, müssen aber in viele Sprachen übersetzbar sein, wie die Evangelien auch. Babylon sei Dank… Habe jetzt was auf Hebräisch und Latein. Um die Musik kümmere ich mich aber nicht, Vater hat gesagt, dafür hätte ich wenigstens Klavierstunden haben müssen. Abgesehen davon ist das zu sehr vom Zeitgeist abhängig. Meint er auch. Naja, bastele noch an ein paar Texten für Requiems – hab’ ‘Pie Jesu‘ gestern Johannes gezeigt, er meinte das hat Hitpotential – und dann kämpfe ich mich mal an was Modernes vor, mir schwirrt da was im Kopf herum wie “Rock my soul” oder “He’s got the whole world in his hands”. Überlege, ob’ ich den Aposteln sagen soll in die Evangelien auch ein paar Songtexte einzubauen, so wie die Psalmen, aber weniger “in the face”. Schließlich soll uns die Geschichte ja auch in tausend Jahren noch einer abnehmen.
30 Tage nach Auferstehung
Hab’ heute die Apostel in die Spur gesetzt, von wegen predigen und taufen und so. Wollte fast eine flammende Rede anstimmen, aber die hebe ich mir lieber für die Himmelfahrt auf. Dann hab’ ich mir sechs Jünger beiseite genommen und sie wegen der Evangelien instruiert. Hab’ letztendlich entschieden, wir werden einfach mehrere Leute schreiben lassen und gucken was dabei rauskommt. Im Grunde eine Art Casting, wenn man so will. Aber wenn man gar keinen Input gibt, scheinen sie auch ein bissl denkfaul zu sein. Also habe ich gesagt, ich rezitiere noch mal ein paar Statitionen meiner Reisen. Wie ich Aussätzige heile beispielsweise. Haben sich auch alle fleissig Notizen gemacht, allerdings hab’ ich immer ein bissl das Gefühl, dass die auch untereinander abschreiben. Vor allem Markus, Lukas und Johannes. Matthäus ist auch ein bissl faul. Ich hoffe aber, die lassen sich auch selbst was einfallen. Auch damit die Historiker und Theologen später schön dran zu knabbern haben. Vater sagt, je uneindeutiger wir das schreiben, desto größer wird der Spaß. Ist ein bißchen wie ein chaotisches Pendel, wenn es richtig anstellt, kann nach ein paar Bewegung keiner mehr voraussagen, was als nächstes passiert. Ansonsten werden wir morgen ein Brainstorming machen, wir brauchen noch ein Symbol für das Christentum. Ich hab’ ein paar Designer und natürlich Jünger zum Brunch eingeladen, mal schauen was wir uns so einfallen lassen. Ich mach jetzt noch eine Mindmap, damit ich nichts vergesse. Viel Zeit ist ja nicht mehr. Immer dieser Termindruck! Das nervt…
33 Tage nach Auferstehung
Ein Kreuz!! Ausgerechnet das will er. Wir haben jetzt zwei Tage lang die aberwitzigsten Symbole gedanklich durchgespielt, ein Dreieck, wegen der heiligen Dreifaltigkeit. Einen Fuss auf dem Wasser – die Idee kam von Johannes, er schreibt ernsthaft eine Geschichte für das Evangelium, wo ich über’s Wasser gehe – Stilisierte Weintrauben, wegen der Wasser-zu-Wein-Story. Wir hatten alle geometrischen Formen und Kombinationen, wir hatten Farbstreifen und allen möglichen Kram, einiges war gar nicht so schlecht. Aber Vater will unbedingt das Kreuz. Weiß gar nicht wer die Idee hatte, aber weil ich ja gekreuzigt wurde und so, wäre das ja wohl naheliegend und es wäre so schön einfach herzustellen. Kann man auch schnell mal aus zwei Hölzern zimmer (Josef wird sich freuen). Und schön einfach zu malen, schreiben und zeichnen. Da könnte man schöne Merchandisingartikel mit machen. Einfaches aber starkes Design, blah, blah. Ich fand’s dröge, wir haben uns dann aber geeinigt, dass ich auch dranhängen darf. Das stimmte mich dann doch Milde, immerhin bin ich dann sowas wie ein Rockstar, posthum. Überall werden die Leute mich sehen, dass ist schon eine tolle Aussicht. Vater hat gesagt übermorgen wird er mir seine Planung für die nächsten 200 Jahre schicken, nur damit ich es im Hinterkopf habe für meine große Rede. Na dann Prost…
35 Tage nach Auferstehung
Mein Gott (*g*), hat er sich ganz schön reingehangen, muß man sagen. Respekt. Action ist ziemlich viel drin, “Kreuzzüge” hat er das genannt und diverse Glaubenskriege. Und einen ganzen bürokratischen Apparat hat er auch entwickelt, Papst, Kardinäle, Bischöfe und was weiß ich nicht. Und viele meiner Vorschläge hat er auch eingebaut, es wird eine Spaltung der Kirchen geben im zweiten Jahrtausend und da kommen dann meine Ideen unter. Da wird es mehr um die Gemeinde gehen, viele der Traditionen werden abgebaut und auch die Bürokratie. Cool, sogar die Ideen der anderen Konfessionen hat er mit eingebaut. Reichlich Auswahl für die Menschen, ich hoffe das reicht für ein paar tausend Jahre. Denn so bald möchte ich eigentlich so ein Brimborium nicht veranstalten. Und Vater wohl auch nicht. Wir überlegen schon, wie wir die freie Zeit nutzen. Ich habe vorgeschlagen wir könnten ja mal Leben in anderen Sternensystemen erschaffen. Da hat er aber nur mit den Augen gerollt.
38 Tage nach Auferstehung
Heute große Party! Yeah, wir treffen uns nachher zum allerletzten Abendmahl. Werde dort allen erklären, was sie machen sollen. Ein letztes Mal. Und in zwei Tagen dann werde ich nach Hause fahren. Ich wollte einfach verschwinden, still und leise. Aber Vater hat schon eine Choreografie ausgearbeitet, mit Spezialeffekten und was er immer so drauf hat. Wenn’s denn sein muss. Die Aufgaben sind so gut wie verteilt, ich hoffe nur die kriegen’s auch alle hin. Ansonsten werde ich heute abend noch mal den “weltlichen” Freuden fröhnen, wer weiß, wann ich dann wieder dazu komme. Vater und ich haben uns noch was Feines für nach meiner Himmelfahrt ausgedacht. “Pfingsten” wird es heißen und wir werden allen “Christen” ein bißchen heiligen Geist schicken. Ich dachte – eher so als Purist – wir machen das ohne großes Aufsehen, aber Vater will wieder ein Feuerwerk entfachen. Naja, soll er doch. Ich muß ja nicht dabei sein, ich mache da schon Urlaub auf Alpha Centauri. Manchmal ist es schon cool, Gottes Sohn zu sein.
40 Tage nach Auferstehung
Puh, was eine Auftritt. Vater hat wirklich ganze Arbeit geleistet. Engel flogen aus einer brennenden Wolke hernieder und breiteten eine Decke aus Wolken aus, auf der ich dann langsam emporstieg. Die Apostel haben ihre Münder nicht wieder zugekriegt. Und ich habe ihnen zugerufen: “Ich bin am dritten Tag auferstanden nach der Schrift und aufgefahren in den Himmel.
Ich sitze zur Rechten des Vaters und werde wiederkommen in Herrlichkeit zu Richten die Lebenden und die Toten; meiner Herrschaft wird kein Ende sein.” Hatte mir lange überlegt, ob das nicht zu dick aufgetragen ist. Aber was solls, das macht dann auch nichts mehr. Ich bin fertig, ich brauche Urlaub.
Und hier noch ein bißchen interessante Lektüre zum Thema: