Tach, last things first, einen sehr schönen Blogpost über den phänomenalen Film “Inception” von Christopher Nolan findet ihr im ‘Moosbett’ bei Medienbildnerkollege Hartig. In der Tat ist der Beitrag so gut, dass ich mir einfach einen eigenen gespart habe. 😀 Ich hab’ in den Comments auch gesagt, was ich zu nolan hatte, von daher: Thema beendet.
Gestern früh musste ich den Artikel zu Google-Streetview in der *pfui* Bild sehen, der im Grunde aus Statements von mehr oder weniger (oder gar nicht) prominenten Menschen bestand, und zwar sowohl als Aufmacher auf dem Titel als auch hinten drin zur Rahmung des dürftigen Artikels, den man schon was als Aufruf zum Widerspruch fehlinterpretieren könnte. Unter den Fotos konnten die Protagonisten äußern, warum sie Einspruch erheben werden und verhindern wollen, dass ihr Haus bei Streetview gezeigt wird oder eben nicht. Während man den Befürwortern durchaus anlesen konnte, dass es sie nicht unbedingt tangierte versammelte Bild für die Gegnerseite offenbar viele ignorante (das Thema betreffend) Leute. Während man diejenigen ja vielleicht noch verstehen kann, die ihr Haus auch von außen als Privatsphäre betrachten und sich darum bei Google Streetview unkenntlich machen lassen möchten, war das lediglich die Spitze des Eisbergs. Einige Promis wie z.B. Ministerin von der Leyen (prominent) oder Frau Biedermann (mäßig prominent) machten sich Sorgen, dass ihre Kinder beim Spielen gezeigt werden könnten oder man gar in das Haus selbst Einsicht nehmen könnte. Man werde sich daher in Streetview “Schwärzen” lassen, was ich als Sprachbild allein schon goldig finde. Andere argumentierten, sie hätten extra ein Grundstück, dass schwer einsehbar wäre und wollten diesen Luxus nicht für Google aufgeben.
Mal abgesehen davon, dass Streetview, wie man in den schon verfügbaren Ländern ja selbst testen kann, nur von der Straße aus fotografiert und es daher eher unwahrscheinlich ist, dass man etwas zu sehen bekommt, was arglose Fußgänger nicht auch sehen würden, gibt es offenbar grundsätzliche Unkenntnis über das Projekt und das obwohl Google mit einer Doppelseite im Spiegel der vergangenen Woche folgendes zu klären versucht hat:
1. Google Streetview ist nicht live und keine Video! Niemand kann sehen, was sie jetzt gerade in ihrem Garten anstellen, selbst wenn der zur Straße offen ist, es handelt sich lediglich um einen Bruchteil einer Sekunde Lebenszeit die irgendwann exakt einmal fotografiert wird. Und dann so bald nicht wieder.
2. Fotos in Streetview werden – so gut es geht – anonymisiert. Gesichter, Nummernschilder und ähnliches werden automatisch unkenntlich gemacht. Wo die Technik versagt ist hoffentlich auch noch jemand Menschliches zur Kontrolle vorhanden. Und sollte sich doch etwas Privates in ein Bild schleichen kann man diese Fehler immer noch bei Google melden.
Damit sind gefühlte zwei Drittel der Gegnerkommentare unzutreffend. Markus Lanz (unprominent) kritisiert ganz allgemein, dass wir zuviel Privatheit schon aufgegeben haben und das er deswegen nicht bei Streetview auftauchen wolle. Da hat er grundsätzlich Recht, jedoch ist die Kosten/Nutzen Rechnung bei Google eine andere als beispielsweise bei Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen oder dem berühmten “Punkte sammeln”, die Daten stehen ja der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung und der Nutzen ist klar umrissen. Google sammelt ja nicht nur für sich sondern für alle. Bei CCTV wird zwar immer gerne mit Sicherheit argumentiert aber was mit dem Material passiert weiß keiner und Einspruch erheben kann man auch nicht. Und außerdem, aber das ist meine Meinung, endet für mich mein privates Reich an meiner Wohnungstür. Solange also keiner von Google das Treppenhaus fotografieren kommt…
Außerdem muß man auch feststellen, dass Google nicht als einzige Firma Fotoautos um die Welt schickt und doch scheint ist, als drehe sich die mediale Entrüstung nicht allein um die Tatsache, dass für einen solchen Zweck fotografiert wird sondern halt ausgerechnet von Google. Dabei sammelt auch sightwalk.de und sicher wird auch Microsoft mit Bing Streetside irgendwann mal in Deutschland landen. Insofern muss man sich schon fragen, ob da nicht auch ein bißchen Panikmache vor der bösen, computerisierten und vernetzten Zukunft betrieben wird. Unsachlich weil von Ignoranz bestimmt ist die Diskussion ja ganz offensichtlich. Wie von Bild nicht anders zu erwarten.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Objektivität. Es geht mir auch weniger um ein Pro-Google-Plädoyer (die verderben es sich eh gerade) als darum, dass soviel massiv zur Schau gestellt Unkenntnis doch in die Verzweiflung treibt.
Nachtrag 19:30: Wer sich das Elend anschauen will ohne die Bild gekauft zu haben, schaue hier. Und es gibt natürlich einen begleitenden Beitrag im Bildblog.