Anders als bei meinen sonstigen Filmkritiken (wenn man sie so nennen will) werde ich bei diesem Beitrag nicht umhin kommen, zentrale Bestandteile des Plots wiederholt und detailliert zu nennen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass irgendjemand, der sich für das Thema interessiert, den Film noch nicht gesehen bzw. das Buch noch nicht gelesen hat. Trotzdem seien alle Unwissenden hiermit gewarnt: Ab jetzt wird gespoilert!
Nachdem ich wochenlang nicht zu einem Kinobesuch gekommen bin, war ich gestern vor zwei Wochen nun in “Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2″. (Es sei hier angemerkt, dass der Beitrag in einer ersten Fassung schon am selben Abend zustande kam.)
Eine formale Kritik (also meine Meinung zur handwerklichen Qualität des Filmes) erübrigt sich im Grunde, weil es sich ja um die Fortsetzung des vorhergehenden Teils handelt und sich, insoweit es meine Kommentare aus diesem Beitrag angeht, nicht wirklich etwas geändert hat. Allerdings habe ich den Film in 3D gesehen, was – wie so oft – ein netter Effekt ist und in einigen Szenen dramaturgisch auch durchaus passt (z.B. in der Szene, in der Voldemort zerfällt oder als Harry im Jenseits mit Dumbledore plaudert), aber den Film auch nicht wirklich besser macht, als er auch ohne ist. Noch ist es ein Novum, aber irgendwann werden wir uns daran auch gewöhnt haben.
Viel wichtiger ist die Frage, wie der Film wirkt. Zum einen verging die Zeit subjektiv sehr viel schneller als im ersten Teil. Positiv. Sicher, da waren mehr Actionszenen und möglicherweise liegt das auch daran. Aber letztendlich glaube ich auch, dass man es einfach geschafft hat, die Handlung besser zu strukturieren und die Dinge (Schauplätze, Charaktere etc.) zu zeigen, die der Zuschauer lieb gewonnen hat. Das war im ersten Teil nicht der Fall, der wirkt daher auch etwas chaotisch und langatmig. Da hätte man zwischen beiden Teilen eine bessere Balance finden müssen. Und imho können.
Einen kleinen Schreck bekam ich ja, als klar wurde, dass HP definitiv sterben müsste. Der wandelte sich aber blitzartig in Spannung, denn was hätte man nicht alles für erzählerische Kunstgriffe machen können, nachdem der Hauptdarsteller abgetreten war. Welcher Film traut sich das überhaupt? Ich hatte schon überlegt, ob man einfach einen Restensemblefilm bis zum Ende macht, immerhin sind reichlich Charaktere vorhanden und das Potential dafür wäre angelegt. Ron, Hermine, Neville, Ginny, Hagrid und die diversen anderen erinnerungswürdigen Figuren aus 6 vorhergehenden Geschichten böten ja durch aus viel Stoff. Kommt für Harry gar Dumbledore zurück? Oder zögert man den Tod bis zum Ende hinaus, wie in Matrix Revolutions, und dann isser eben wech? Wir erinnern uns, dass Neo sich für die Menschen opfert und damit diese – vertreten durch Schlüsselfiguren – in den dramaturgischen Vordergrund rückt. Eine weitere Parallele wäre, das sowohl Neo als auch Harry rückblickend eher wie Marionetten in ihren eigenen Geschichten wirken. Nun, stattdessen, und das klingt jetzt mit Absicht etwas enttäuschter, als man vielleicht zu sein braucht, entschied sich Mrs. Rowling für die Jesus-Variante und die kam nicht mal in einer besonders logischen Form zur Anwendung. Warum kann er einfach zurückkehren? Mit welchem Recht/Zauber/McGuffin/wasauchimmer? Und warum ist der Horkrux tot, obwohl Harry ja augenscheinlich wieder lebt? Falls das im Buch besser geklärt ist, hat man’s hier im Film sehr schlecht aufgelöst. Bei so einem entscheidenden Detail kann man sich ja doch mal ein bissl Mühe geben, oder? Womöglich hätte der Film hier sogar vom Buch abweichen können/sollen. Es hätte sehr viel Mut auf Seiten der Filmemacher gezeigt, sich nicht dieser messianischen Auferstehungsgeschichte (sogar die Pause zwischen Tod und Auferstehung ist auf ein Minimum gekürzt, so dass kaum Dramatik entsteht, hätte der Cliffhanger von 7.1 sein können!), die blasser ja eigentlich kaum sein könnte, anzuschließen. So sterben zwar andere zentrale Charaktere (Snape ist dramaturgisch schön, man hat nämlich sämtliche Hoffnungen, dass er doch ein Guter wird, kurzzeitig vernichtet, stellt sich ja dann aber im Rückblick doch gegenteilig heraus; Fred Weasleys Tod ist vielleicht der emotionalste) aber eben nach klassischer Hollywoodmanier keine der Hauptfiguren. Und daran kommt im Grunde auch nie ein Zweifel auf. Und alle kriegen sich am Schluss. Hmpf. Wie gesagt, vielleicht muss das so sein, ich fand’s trotzdem irgendwie unnötig konformistisch und es versaut auch ein bißchen diese Bewegung ins Düstere, die man ja mit dem letzten Film eigentlich abschließen wollte.
Aber: Der Film ist ein schöner Abschluss. Alle kommen nochmal zu Wort, auch die verstorbenen Charaktere, das freut auch den Nicht-Fan der Bücher, weil man ja eben viele Figuren aus den vorhergehenden Filmen zur Verfügung hat und auch sehen will. Die Freude des Wiedererkennens hat schon meine Klavierlehrerin immer betont. Das Ende, das die Hauptfiguren 19 Jahre später mit ihren Kindern zeigt, bringt den versöhnluschigen Grundton der zweiten Hälfte der zweiten Hälfte würdig zum Schluss. Das die Helden offenbar alt werden finde ich unnötig final und konkret, zwar bleibt noch Freiraum für neue Abenteuer (sei es seitens der Fans oder der Autorin), aber auf der anderen Seite, scheint das große, bedeutende (kommerziell verwertete) Abenteuer vorbei, das weitere Leben eher ereignislos. Möglicherweise lohnt es sich, mit Abstand vom Hype in ein paar Jahren doch noch die Bücher zu lesen. Ansonsten endet mit diesem Machwerk, dass kein perfektes Ende sein kann und vielleicht auch nicht will, eine interessante Filmserie, die auch unabhängig vom Buch (für mich) einen beachtlichen Bogen gespannt hat. Denn HP bedient (als Buch und Film) den Grusel, der vor allem den Jüngeren sonst oft vorenthalten wird. Ich hatte damals den kleinen Vampir, der es immerhin bis heute auf 20 Bände gebracht hat. Wir können nur hoffen, dass sowas auch für die kommenden Generationen von Kindern wieder möglich sein wird. Mit anderen Figuren in einer anderen Welt. Wenn’s sein muss halt in 3D. 😉