Wie der Titel vermuten lässt, handelt dieser Beitrag vom Film Iron Sky, den ich letzte Woche im Kino sah und andererseits von Captain America: The first Avenger, während dessen letzten Minuten ich diesen Text zu schreiben beginne. Der Bogen mag zunächst nicht nahe liegen, trotzdem versuche ich mal mein Glück. Bei beiden Filmen werde ich wahrscheinlich spannende Details verraten, wer also die Filme noch unbeleckt sehen will, verlasse jetzt diesen Artikel. Und los…
Iron Sky ist in vielerlei Hinsicht ein beeindruckendes Projekt. Zum einen versucht es die Elemente Satire, Parodie, Science-Fiction und Nazis miteinander zu verbinden. Inwiefern das gelungen ist, thematisiere ich gleich. Dann ist es eine europäische Independent-Koproduktion, die aber versucht zumindest optisch mit den großen Blockbustern mitzuhalten. Teilweise wurde der Film durch Crowdfunding finanziert, im Gegenzug hatte die Community von Anfang an auch bei der Story ein Mitspracherecht. Und natürlich ist die Prämisse überaus originell:
Bei einer erneuten Mondmission der Amerikaner, treffen diese unerwartet auf Bewohner des Erdtrabanten. Denn kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges haben sich Nazis auf der dunklen Seite niedergelassen und bereiten dort seit über 60 Jahren  die Rückkehr zur Erde vor. Unter dem Vertretungsführer Kortzfleisch (gespielt von Udo Kier) soll die Superwaffe “Götterdämmerung”, eine Art Automaten-Todesstern, dafür startklar gemacht werden. Mit der Rechenpower eines Smartphones der Amerikaner scheint dieser Plan endlich möglich. Doch leider ist der Akku alle. Also macht Klaus Adler, der gerne Führer anstelle des Führers wäre, auf zur Erde um noch ein Telefon zu holen und dann die Erde zu erobern. Unfreiwillig begleitet wird er dabei von Lehrerin Renate Richter, die wohl das ist, was einer Protagonistin am nächsten kommt. Sie hat – auch anhand von Filmen, wie einer auf 10 Minuten geschnittenen Fassung von Chaplins Diktator – die Erde studiert und ist von der Rechtschaffenheit der nationalsozialistischen Ideologie vollends überzeugt. Weitere illustre Elemente des Films sind eine von Sarah Palin inspirierte Präsidentin, die sich erst von den Nazis beim Wahlkampf helfen läßt und dann eine Koalition im Kampf gegen sie anführt sowie diverse Regierungschefs, die trotz internationaler Verträge mit eigenen Raumschiffen in den Kampf eingreifen sowie ein beachtliche Menge computergeneriertes Spektakel. Letzteres übertüncht eine reichlich flache Narration, die sich im Grunde relativ geradlinig zwischen verschiedenen ebenso flachen Gags entlang schlängelt. Das Ganze endet erwartungsgemäß nicht nur mit dem Ende der Nazis, sondern auch dem der restlichen Menschheit, als sich die ‘Siegermächte’ wegen des Helium-3, das die Nazis auf dem Mond gesammelt haben, in die Haare kriegen und den Atomkrieg auf der Erde auslösen.
Zwei Höhepunkte sind die Parodie von Hitlers Zusammenbruchs im Führerbunker in “Der Untergang” durch die amerikanische Wahlkampfmanagerin (den Gag hat im Kino scheinbar sonst kaum einer verstanden, weil das Meme offenbar nur im Netz präsent war) sowie ein albinisierte Afroamerikaner, der uns den Dr. Seltsam im Rollstuhl macht und seinen Arm nicht kontrollieren kann. Allerdings gibt es weder genug dieser Momente noch sind sie sehr pointiert umgesetzt, als dass sie die Qualität des Films merklich steigern können oder ihm gar die Aura anderer Parodieklassiker –Â man erinnere sich nur an die Zucker-Abrahams-Zucker Filme –Â verleiht. Als Kurzfilm mit höherer Gag-Dichte wäre das im Netz vielleicht ein Achtungserfolg. Als Spielfilm, das merkt man spätestens, wenn nach ca. einem Drittel des Werks die vorhersehbaren Plotpoints abgelaufen werden, trägt die Idee aber eher nicht. Charakterentwicklung nimmt der Film pragmatisch und minimalistisch vor, so sieht Renate Richter den ungeschnittenen Diktator im Kino (der Film inszeniert das mit einer Blende) und schwört von einer auf die andere Sekunde den Nazis ab. Boah.
Insbesondere merkt man dem Film auch das Stückwerk an, das wohl entstehen muss, wenn viele Leute ihre Ideen auf ein Plotgerüst schieben. Da ist es schwer einen homogenen Humor oder auch nur Ton zu finden. Wikipedia sagt “Der Film will allerdings keine seriöse Politik-Satire sein [..]” und da ist auch das Problem, denn es stünde ihm gut zu Gesicht, wenn er sich konkrete Ziele gesetzt und diese verfolgt hätte. So ist von allem ein wenig drin, bissl Charakterentwicklung, bißchen lustig, bißchen Liebe, bissl Action, wenn auch übertrieben hoch zehn. Die Filmzitate sind ebenso ziellos, aus allen Genres werden da zum Teil nur visuelle Elemente, zum Teil konkrete Szenen entlehnt, aber das macht halt noch keine Parodie, die der Film ja dann auch nicht richtig sein will. Was bleibt ist eine interessante Steampunk-Optik, ein paar gute Gags und eine Prämisse, der man nach Ende des Films mehr zugetraut hätte. Schade.
 Nun fällt der Schritt zum Marvel-Comic vielleicht nicht leicht, aber wo Iron Sky durch übertriebene Nazi-Klischees strotzt, setzen die Amis eher auf Zurückhaltung und das erstaunt vielleicht erstmal. Denn obwohl es um den zweiten Weltkrieg geht, werden die Nazis hier sinnbildlich auf zwei Figuren reduziert, wie es sich für den klassischen Hollywoodfilm gehört. Aber erstmal zur Story…
Steve Rogers (Chris – aka die Fackel – Evans) ist ein ziemlicher Hämpfling und wird als solcher nicht in die US Army gelassen, obwohl er sich nach Kräften sehnt, ein paar Nazis die Stahlhelme wegzuballern. Wir befinden uns folglich im Jahr 1943 und mitten im zweiten Weltkrieg mit amerikanischer Beteiligung. Der Forscher Abraham Erskine jedoch sieht das Ehrenwerte in Rogers und holt ihn in die Armee, aber nur, um an ihm ein Experiment zu testen, das Supersoldaten hervorbringen soll. Tatsächlich wird Rogers magere Statur durch ein Serum und Technik aus dem Hause Stark mächtig aufgepumpt, kurz darauf tötet ein Spion aber den Forscher und stiehlt das Serum, welches die Verwandlung bewirkt hat. Rogers verfolgt und stellt ihn, aber das Serum geht verloren. Tatsächlich sind nicht wirklich die Nazis die Gegner sondern ein anderer verrückter Forscher mit Namen Johann Schmidt (Hugo Weaving) und seine Forschungsabteilung namens Hydra. Der ist selber Opfer eines Experiments von Erskine und dadurch entstellt worden. Zunächst für Hitler forschend sagt er sich von ihm los, um die Welt auf eigene Faust zu erorbern.
Während Rogers zunächst nur als Unterhaltungskünstler unter dem Titel Captain America für Kriegsunterstützung wirbt und die Truppen unterhält, bekommt er bald die Möglichkeit sich zu beweisen und befreit in Italien 400 Gefangene. In der Folge reisen er und sein Team um die Welt um Schmidts (aka Red Skull) Waffenproduktionsstätten zu zerstören. Letztendlich muss Captain America in einer finalen Auseinandersetzung Red Skull davon abhalten, mit einem Riesenbomber bemannte Bomben über den USA abzuwerfen. Das gelingt ihm zwar, doch er muss das Flugzeug am nördlichen Polarkreis abstürzen lassen und kann auch durch ein Suchaktion nicht gefunden werden. Sieben Jahrzehnte später aber findet man ihn im ewigen Eis, wo er – natürlich – überlebt hat. Damit endet der Film, eigentlich ist es aber der Auftakt zum Sommerblockbuster “The Avengers”, den wir bald im Kino haben werden. Cross-Promotion at its best.
Während Iron Sky sich visuell damit beschäftigt, eine stereotype Darstellung von Technik – Steampunk wie gesagt – aus der ersten Hilfe des 20. Jahrhunderts überzeichnet in die Gegenwart zu transferieren, zeigt Captain America uns schon in den 1940ern moderne Technologie, die so erst sehr viel später möglich scheint. Beide erheben keinen Anspruch auf Authentizität, das eine ist ein Parodie-SF-Satire-Verwurstung und das andere ein Comic und außerdem ein Hollywodfilm. Trotzdem habe ich bei beiden Filmen das Gefühl, dass sie ihre Sorglosigkeit im Umgang mit Technologie im historischen Kontext, der in beiden Fällen ja nur als Leinwand dient, ein wenig teuer bezahlen, weil sie zu nah an der Linie operieren, wo man noch erwartet, dass es möglich sein könnte oder müßte. Mir scheint die Glaubwürdigkeit der Charakterentwicklung und des Szenarios leiden darunter. Den zentralen Konflikt trägt in guten Superheldenfilmen der Held zunächst mit sich selbst aus. Spiderman, Batman, Superman (invers, weil der sich nicht als Held verkleidet, sondern als Mensch) zeigen, das die Filme darum erfolgreich sind. Captain America ist in diesem Sinn wenig superheldenhaft, für ihn ist es die Erfüllung seines eigenen Wunsches und überhaupt entsteht er quasi erst als Reaktion auf das Böse. Ein innerer Konflikt deutet sich erst am Ende des Films an, wenn er sich in der falschen Zeit befindet. Im restlichen Film zuvor gibt es zwar Rückschläge, aber nichts was den Charakter ernsthaft aus der Bahn wirft. Und so bleibt der Mann im bunten Kostüm doch farblos, während das Gadget-Feuerwerk, dass selbst für die Gegenwart zu futuristisch wäre, abgebrannt wird.
Und in Iron Sky funktioniert die Überzeichnung der Nazis nicht wirklich, weil alles und jeder andere ebenso überzeichnet ist. Da verkommen die Nazis, die ja irgendwie der Angelpunkt des Films sein müssten, zu einer farblosen gegnerischen Fraktion, wie das Imperium in Krieg der Sterne – nur ohne Vader. Man nimmt sie nicht weniger nicht ernst als jede andere Figur im Film, die alle nicht so wirklich fertig wirken. Dass die Nazis nicht so aus dem Rahmen fallen ist vielleicht auch Ausdruck des unpolitischen Anspruchs führt aber schlicht zu einer schwachen Dramaturgie. Das Abbilden auf Charaktere nach dem Hollywoodvorbild klappt so nicht. Ein Film, der sich selbst nicht ernst nehmen will ist aber noch lange kein lustiger Film. Genausowenig, wie ein Superheldenfilm, der sich eigentlich nur als Exposition für den nächsten Sommerblockbuster versteht.