Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein überarbeitetes Review, dass ich am 19.Dezember 2007 für meinen damaligen Deutschen Bladerunner Blog geschrieben habe. Aus aktuellem Anlass (und um die Wartezeit auf meinen Beitrag zum ‘Hobbit’ zu überbrücken) hab’ ich den Beitrag am Schluss um meine Meinung zur BluRay ergänzt und ansonsten seine Brillianz von vor fünf Jahren erhalten. Quasi auch neu digitalisiert.Â
Ich habe mir am Wochenende die ‘große’ Box “Blade Runner- Final Cut” zu Weihnachten geschenkt und einige Stunden Zeit investiert das Material zu sichten. Denn die braucht man schon, wenn nicht sogar Tage. Wie schon angedroht werde ich hier in gebotener Ausführlichkeit die Sammlung analysieren, möchte aber gleich vorausschicken, dass ich eine uneingeschränkte Kaufempfehlung ausspreche, solange die Box (gemeint ist diese: [amazon_link id=”B000X9WWWC” target=”_blank” ]Blade Runner – Ultimate Collectors Edition (5 DVDs im Metal-Pack) [Collector’s Edition][/amazon_link]) noch verfügbar ist.
Die große Box (ich meine nicht die limitierte Ausgabe im Aktenkoffer, die offenbar so gar nicht zu erhalten ist) kommt verpackt in einer schön designten Metallkiste (die einem Fahrradaufprall stand hält, wie ich erfahren musste – Anm. d. Autors 17.01.2013) und beinhaltet neben einem Schuber mit den 5 DVDs (auf die es natürlich eigentlich ankommt) einen Hologrammausschnitt einer Szene des Filmes (keinen echten Filmausschnitt auf Filmmaterial, wie man irrtümlich annehmen könnte), einen persönlichen Brief auf Folie von Ridley Scott (auf deutsch), ein Set von Sammlerfotos sowie ein Booklet (ebenfalls deutsch). Die Ausstattung ist, wie ich glaube, gelungen, das eigentlich Highlight sind aber natürlich die Disks.
Auf der ersten Scheibe findet sich das Herzstück der Sammlung, der Final Cut. Diese Filmversion wurde digital vom original Negativ neu gemastert, der Ton wurde in Dolby Digital 5.1 neu bearbeitet. Ridley Scott hat den Film im Final Cut nochmals seinen Idealvorstellungen entsprechend geschnitten, die Veränderungen werden wahrscheinlich aber nur Fans wirklich auffallen. Zahlreiche gewalthaltige Szenen aus der internationalen Kinofassung (z.B. wie Roy seinem Schöpfer die Augen eindrückt) haben ihren Weg in diese Fassung gefunden genau wie eine verlängerte Einhornszene. Ferner wurden einige unliebsame Fehler aus den Originalversionen behoben. So wurde das Gesicht der Stuntfrau, die während der Erschießungs- und Todesszene der Replikantin Zhora die Schauspielerin Joanna Cassidy doubelte und leider ungewollt zu erkennen war, digital mit neuem Material ersetzt, welches man mit der Schauspielerin im Februar 2007 extra neu gedreht hatte. Ferner gibt es einen Dialog von Deckard mit dem ägyptischen Schlangenverkäufer, bei dem die gesprochenen Worte nicht mit den Lippen von Harrison Ford synchron waren. Dieser Fehler wurde korrigiert, in dem man einen der Söhne von Harrison Ford die Textpassage sprechen lies und seine Mundpartie digital über Fords Gesicht legte. Andere mehr oder weniger auffallende Fehler wurden ebenfalls entfernt. Insgesamt sind die Änderungen aber sehr subtil und weniger drastisch als beispielsweise in der Star Wars Special Edition.
Scott betont in der Einleitung zum Film, dass es sich nunmehr um seine definitive Version des Filmes handele. Es gibt drei Audiokommentare zum Film, einmal von Ridley Scott, einen weiteren von den Drehbuchautoren Hampton Fancher und David Peoples nebst Produzenten Michael Deeley und Katherine Haber und eine dritten Kommentar des Art Departments mit Syd Mead, Lawrence G. Paull, David L. Snyder, Douglas Trumbull, Richard Yuricich und David Dryer. Diese Kommentare hab’ ich noch nicht gehört und kann daher nichts weiter dazu sagen.
Die zweite DVD beinhaltet eine brandneue Dokumentation mit dem Titel “Dangerous Days: Making-of Blade Runner”. Hier wird die Entstehungsgeschichte von Blade Runner detailliert nachgezeichnet mit Interviews nahezu aller wichtigen beteiligten Personen wie Ridley Scott, Harrison Ford, Hampton Fancher, Michael Deeley, David Peoples etc. und bisher nie gezeigtem Material von den Dreharbeiten. Diese Dokumentation ist zweifellos einzigartig, nur das Buch von Paul M. Sammon enthält noch mehr Informationen. Es werden entfallene Szenen diskutiert und die verschiedenen Versionen der Filme erläutert.
Die Dokumentation ist in englischer Sprache aber mit deutschen Untertiteln.
Die dritte Disk enthält dann auch drei komplette Archivversionen des Filmes: Die Original-Kinoversion von 1982, die internationale Kinofassung von 1982 und den Director’s Cut
von 1992. Dies ist wahrscheinlich nur für Fans interessant, die eine ganz bestimmte Version des Filmes liebgewonnen haben, für alle anderen sind die Filme wahrscheinlich nur der Vollständigkeit halber dabei. Die Fassungen wurden alle ebenfalls digital neu gemastert und stehen in optischer und akustischer Hinsicht dem Final Cut in nichts nach. Abhängig von der Filmversion varrieren aber die Tonformate. Audiokommentare gibt es hier allerdings nicht.
Auf der vierten Disk befinden sich weitere Specials, darunter kurze Features zu Philip K. Dick und ein Vergleich mit der Buchvorlage “Do androids dream of electric sheep” sowie Konzeptdesign und Einflüsse des Filmes. Richtig beeindruckend fand ich persönlich die entfallenen und alternativen Szenen: Bei anderen DVDs sind die entfallenen Szenen normalerweise nur 10 bis 15 Minuten lang und beinhalten oft Szenen, die sich nur marginal vom Originalfilm abheben und im Grunde nicht wirklich fehlen. Im Falle von Blade Runner sind die entfallenen Szenen insgesamt 45 Minuten lang und bilden in sich quasi eine verkürzte Version von Blade Runner, die im Grunde einen ganz anderen Film zeigt. Die entfallenen Szenen beinhalten außerdem bislang unbekannte Off-Kommentare von Deckard. Für Fans ist das wohl eines der besten Features.
Auf der fünften und letzten DVD befindet sich die Arbeitsfassung (Workprint) des Filmes, eine Version die 1982 für erste Testvorführungen benutzt wurde und 1990 irrtümlich als Director’s Cut ins Kino kam woraufhin der richtige Director’s Cut angefertigt wurde. Sie enthält alternative Szenen und temporäre Musik. Interessant ist hier besonders der mitgelieferte Audiokommentar von Paul M. Sammon, Autor des Buches “Future Noir: The Making of Blade Runner“. Anders als bei den übrigen Filmfassungen gibt es hier keine deutsche Tonspur aber deutsche Untertitel.
Insgesamt finde ich die Box hochgradig gut gelungen, die Qualität von Bild und Ton ist endlich angemessen und die Menüs sind auch ok. Es gibt massenhaft Features und Zusatzinfos für Fans und alle, die es werden wollen. Der Kauf lohnt sich, auch weil es den Film in dieser Qualität noch niemals zuvor zu kaufen gab’ (anders als bei machen Boxen, die einen Film zum dutzendesten Mal in anderer Verpackung auf den Markt werfen ohne nennenswerte Verbesserungen am Inhalt).
Es gibt auch ein abgespeckte Version des Final Cut als 2-DVD Version, auf der dann neben dem Hauptfilm lediglich eine Bonus Disk mit der Dokumentation (hier Disk 2) enthalten ist.
Ferner gibt es Blade Runner auch auf HD-DVD und BluRay ebenfalls mit der Dokumentation auf DVD.
Während die 5-er Box kurzzeitig bei amazon.de ausverkauft war, ist sie jetzt wieder günstig bestellbar, ich persönlich habe meine Box im Fachhandel erworden und ein bissl draufgezahlt.
Update 18.01. 2013: Viel ist geschehen in den letzten fünf Jahren, die HD-DVD gibt’s nicht mehr, darum hab’ ich mir Blade Runner noch vor Weihnachten auf BluRay zugelegt. Auch hier stimmt die Qualität. Das Bild ist auch in Full HD noch gestochen scharf, die Neuabtastung als 4K Master von 2007 war also wirklich saubere Arbeit, was auch daran liegt, dass der Film ursprünglich auf 65mm Film gedreht wurde, was ich zuvor gar nicht erwähnt hatte. Der Ton der verschiedenen Sprachfassungen ist DD 5.1 (Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch) auf Englisch hört man gar Dolby TrueHD 5.1. Auf der Einzel-BluRay findet man nur den Final Cut, aber mit den drei zuvor genannten Audiokommentaren und der Einführung von Ridley Scott. Den Kommentar von Scott kenne ich mittlerweile auch, etwas verhalten berichtet er von den Dreharbeiten (nebst der Auseinandersetzungen am Set) und seiner Vision für den Film. Die Drehbuchautoren erzählen natürlich vom Schreiben und wundern sich vielleicht ein paar Mal zu oft, wer von Ihnen denn nun einen Dialog geschrieben hat, weil man es jeweils vom anderen vermutet hatte. Ganz amüsant zu hören, man erfährt viele kleine Anekdoten, wenn man keine Lust hat die Blade Runner-Bibel zu wälzen. Ein aktualisiertes Boxset zum 30-jährigen Jubiläum gibt es mittlerweile auch (siehe: [amazon_link id=”B008TMTQHY” target=”_blank” ]Blade Runner – 30th Anniversary Collector’s Edition (Exklusiv bei Amazon.de) [Blu-ray][/amazon_link]). Die Inhalte der DVD Box (vollständig, soweit ich das sehe) sind auf drei BluRays verteilt, zusätzlich gibt es ein Modell des Spinners und ein Art Book. Inwiefern Ausstattung aus der Collector’s Edition dabei ist, weiß ich nicht. Trotzdem ist diese Box für alle, die neu bei Blade Runner oder absolute Sammler sind sicher das Non-Plus-Ultra. Zurecht.
Und tatsächlich gibt’s ja sogar Pläne für eine Fortsetzung. Ridley Scott ist offenbar im Prequel/Sequel-Modus. Wir werden es erleben.