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Was ist die re:publica?
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Auf die Themen komme ich gleich, aber der Aspekt deutsche Netzgemeinde ist vielleicht nicht uninteressant. Ich würde mich nicht dazu zählen, weil ich nicht glaube, dass gemeinsame parallele Nutzung eines Mediums schon zur Vergemeinschaftung führt. Zumindest rückte das den Begriff Netzgemeinde so in die Nähe von Fernsehgemeinde. Ich glaube, so würden es die Mitglieder der Netzgemeinde nicht sehen. Das ist schon eine feste Gruppe, keine im eigentlichen Sinn virtuelle Community. Die teilt aber viele Interessen mit anderen netzaffinen Menschen in Deutschland, weshalb man die Konferenz als Art Clubtreffen verstehen könnte, wo man auch als Außenstehender einfach mal vorbeischauen kann.
Lobo gibt den Ton vor
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Das erste ist erschreckend simpel und zog sich tatsächlich wie ein roter Faden auch durch andere Vorträge. Netzpolitik machen, Projekte machen, die Kinder machen lassen, Open Data machen, Open Learning machen, alles open machen und so weiter.
Der zweite Einwurf bezog sich auf netzpolitische (mit Betonung auf politische) Erwägungen, man möge sich hier selbst den Kontext ansehen.
Der dritte Ansatz war löblich zugleich aber auch anschaulich niedrig gezielt. Lobo stellte ein WordPress-Addon (in Alpha Zustand) vor, mit dem Ereignisse und Daten aus sozialen Netzwerken in Blogs gespiegelt werden können. Wirkliche Ansätze, dass Netz zurückzuerobern fehlten mir aber, die Friendikas, Diasporas und Status.Nets dieser Welt kamen in den Vorträgen kaum vor, selbst in denen, die eine Abkehr von Facebook, Twitter und Co. forderten. Alternativen zu den Großen, warum sie nicht besser verbreitet und was ihre Probleme sind, dass hätte ich mir schon gewünscht von einer Gemeinschaft die gleichzeitig herzhaft um Netzneutralität streitet.
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Most impressive
Besonders beeindruckend für mich: 1. der Vortrag (und die anschließende Performance) von Neil Harbisson und Moon Ribas, beide Cyborgism Aktivisten, die an sich selbst diverse Sinne künstlich erweitert haben, einer Idee die entstand, weil Harbisson selbst von Geburt an keine Farben sehen kann. McLuhan hätte seine wahre Freude. Bemerkenswert auch der anschließende Beitrag von Kate Darling zum Umgang mit Robotern.
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Auch beeindruckend fand ich Kate Miltner, die sich in ihrer Masterarbeit mit Lolcats beschäftigt hat. Nicht nur, dass da offenbar interessante Community-Strukturen dahinter stehen, das bekannte Meme hat im Grunde auch schon mindestens einmal die Community gewechselt, was zu einer eher unüblichen Langlebigkeit des Memes geführt hat. Zeigt auch, dass es offenbar mittlerweile problemlos ist, dass Web auch wissenschaftlich in seiner ganzen Bandbreite zu erfassen. Nötig ist es allemal.
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Weitere Themen
Ein eigenartig diffuse Enttäuschung über oder gar Ablehnung der Piraten wehte durch die Hallen, viele Vortragende setzten ein oder zwei Seitenhiebe, um dem Ausdruck zu verleihen. Das fand ich schon befremdlich, immerhin sind die Piraten noch immer eine kleine Bewegung und inhaltlich nah an dem, was die Netzgemeinde möchte, nur gibt’s halt auch die anderen Parteien und andere Interessen. Mir scheint deutlich, dass die Netzthemen bei den etablierten Parteien bislang schlecht aufgehoben sind. Scheinbar waren auch keine Piraten vor Ort oder im Programm, was schon eigenartig ist. Müsste man nicht zusammenarbeiten? War es vielleicht die Enttäuschung, dass man langsam einsehen muss, das 90% der Deutschen von der Wichtigkeit der Netzthemen noch überzeugt werden wollen? Hier bin ich irgendwie ratlos und sehe wenig neue Impulse von der re:publica ausgehen.
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Cory Doctorow verteufelte erwartbar eloquent die Idee des Digital Rights Management, ein Vortrag auf den ich mich sehr gefreut habe und der auch nicht enttäuscht hat. Graham Linehan sprach mit Johnny Häusler über IT Crowd und lustige Comedy, auch das war unterhaltsam und lenkte von den bedeutungsschweren Vorträgen wohltuend ab. Leider kann man das Gespräch nicht auf YouTube sehen, weil IT Crowd Clips (von YouTube) gezeigt wurden. *g*
Ganz praktisch
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Wenn die Veranstalter im nächsten Jahr weiter wachsen wollen, dann muss man da deutlich nachjustieren. WLAN klappte gut, mit Zusatzakkus und einigen Lademöglichkeiten war man technisch mehr als abgesichert. Für Networking (wenn man’s darauf abgesehen hatte) oder Party war auch genug Gelegenheit, tangierte mich aber bei diesem ersten Mal eher weniger. Ich war aber ganz beeindruckt und überlege ernsthaft, ob man als Forscher da nicht auch aufgerufen ist, einen Beitrag zu leisten. Mal schauen, ob sich thematisch etwas anbietet.Â