Vor kurzem bin ich mit meinem Vater und meinem Onkel fast spontan für eine Woche nach Rom geflogen. Fast spontan, weil wir uns dazu nur wenige Wochen vorher beim abendlichen Grillen entschlossen hatten. Zunächst war der Vorschlag eigentlich nur ein Gag, aber es dauerte nur eine Stunde und wir hatten Hotel und Flug bei einem großen Onlineportal gebucht. Rom hat einiges an Geschichte zu bieten, großartiges Wetter (wie wir erleben durften) und, natürlich, die noch viel großartigere italienische Küche. Kommt alles in der Geschichte vor.
Sieben Tage, das bedeutet aber auch viel mehr Fotos und Erlebnisse, weshalb dieser Reisebericht in handliche Happen (Teil 1, Teil 3, Teil 4) unterteilt wurde und über die nächsten paar Tage veröffentlicht wird.
Tag zwei – Voller Touri-Modus
Am zweiten Tag geht’s so richtig los, Frühstück gibt es in einem Tagungssaal im Keller, weil die Terrasse renoviert wird (oder so). Dann gehen wir zur schon zuvor lokalisierten Bushaltestelle und aktivieren in der Linie 32 erstmal unsere Roma-Pässe. Dann geht’s zur Haltestelle Ottaviano und von dort mit einer der zwei (!) Metrolinien (einfaches System) zum Bahnhof Termini, wo wir die Sightseeing Tour im Bus besteigen werden.
In jeder Stadt gibt’s ja so Benimmregeln in der U-Bahn und meist trifft man dort auch auf künstlerische Darbietungen aller Art. In London sitzen und stehen die Musiker meist in den Stationen, in Rom ist es etwas anders. In den kommenden Tagen sehen wir immer wieder Kinder unterschiedlichen Alters (von ca. 8 bis 16 war wohl alles dabei) mit Instrumenten, die in der U-Bahn zum Playback musizieren. Dazu ziehen Sie meist einen Wagen mit Miniverstärker und Lautsprecher hinter sich her, das Playback kommt zeitgemäß vom Smartphone, beliebtestes Instrument war das Akkordeon, aber auch Flötisten und Trommlern sind wir begegnet. Manchmal sind sie auch zu zweit unterwegs, dann kann einer mit dem Hut rumgehen, während der andere noch spielt. Ist ein Wagen abgegrast geht’s weiter im Zug. Ob das erlaubt ist, weiß man nicht, die Performances sind auf alle Fälle qualitativ sehr unterschiedlich und wir merken schnell, dass das eine standardisierte Masche ist, denn die Jungs und Mädels spielen fast alle dasselbe Lied, immer und immer wieder.Trotzdem ist es ein gutes Beispiel für die römische Geschäftstüchtigkeit, die noch häufiger deutlich wird.
Viele Anbieter von Sightseeingtouren treten sich in der City auf die Füße und wir finden alle anderen, nur nicht unseren. Mit ein bißchen herumfragen klappt aber auch das, wir finden leider nur unten im Bus Platz, aber da im Verlauf der Fahrt an den verschiedenen Stationen immer mal wieder ausgestiegen wird, verkrümeln wir uns irgendwann auch an die frische Luft. Die Erklärung vom Band ist ganz interessant, wir bekommen die üblichen großen Touristenmagneten vorgeführt: Das Kolosseum, den Circus Maximus, das Nationaldenkmal, den Vatikan, you name it.  Das alles werden wir nach Möglichkeit noch zu Fuss erkunden, aber weil wir uns zunächst orientieren wollen (und weil wir gestern schon viel gelaufen sind), fahren wir die Runde einmal komplett mit und steigen dann später am Kolosseum aus. An allen Haltestellen bieten laufende Händler Sonnenhüte und -schirme und auch gefrorene Wasserflaschen für einen Euro feil. Auffallend ist auch, dass viele (vor allem jüngere) Touristen mit GoPro Kameras an Stativen durch Rom ziehen, offenbar lassen sich damit ganz nette Filme machen. Mit einer normalen Kompaktkamera und dem iPhone ist man da offenbar schon eher konservativ. Naja, dafür muss ich zurück in der Heimat dann im Starbucks auch nicht meinen Urlaubsfilm zusammenschneiden. Obwohl…
Das Kolosseum ist, was Tourismus angeht, sicherlich der Nabel von Rom, hier begegnen wir Himmel und Menschen. Viele davon haben sich ordentlich in der Schlange angestellt, die wir behände umgehen dürfen, weil wir mit dem Pass ja schon unsere Eintrittskarte dabei haben. Der Zugang zu dem antiken Entertainmentkomplex, der leider nicht sonderlich glanzvoll aussieht, auch weil die gesamte ursprüngliche Außenfassade aus Marmor fehlt, dauert so nur wenige Minuten. Drinnen fällt auf, dass die meisten Leute in Gruppen unterwegs sind und meist einer weiblichen Person mit Wimpel, Schirm oder sonstigem Identifikationsmerkmal folgen. Die Touristengruppe 2.0 hingegen trägt nahezu unsichtbare Knöpfe im Ohr und lässt sich vom Gruppenführer per Funk die wichtigen Details in der Muttersprache mitteilen. Wir bleiben Old School und schauen uns die ruinöse Sehenswürdigkeit einfach ‘nur so‘ an. Alles Wissenswerte kann man ja bei Wikipedia nachlesen, aber wenn man schonmal da ist, möchte man doch lieber die Atmosphäre einsaugen. Es ist wieder mal sehr sonnig, aber diesmal liegt Sonnenschutz auf. Nur die Mütze habe ich vergessen. Neben dem Kolosseum selbst und einigen Informationen zu dessen Geschichte gibt’s auch noch eine Ausstellung zur Geschichte römischer Bibliotheken, wo man erfahren kann, dass die Idee öffentlicher Bibliotheken ein Projekt war, dessen Umsetzung mehrere Cäsaren verschliss, bis es zur Umsetzung kam.
Nachdem wir das Kolosseum einmal umrundet und die beiden zugänglichen Stockwerke erkundet haben, geht’s nach kurzem Souvenirstöbern wieder nach draußen, es ist etwa halb drei. Als nächstes beschreiten wir das Forum Romanum, dass ich sonst nur aus dem Lateinunterricht (kleines Latinum) kenne.
Auch dafür haben wir mit dem Pass schon den Eintritt in der Tasche. Wie auch im Kolosseum kann man hier nur Reste der einstigen Hochkultur findet, von den damaligen Tempeln und anderen öffentlichen Gebäuden, die mal politisches, ökonomisches und religiöses Zentrum Roms gewesen sind, findet man meist nur die Fundamente und ein paar Wände oder Säulen. Rom ist, das sei gesagt, in großen Teilen eine lebende Ausgrabung, an Orten wie diesem wird das besonders deutlich. Das Forum ist recht groß, es gibt wenige schattige Plätzchen, so dass man kaum die Möglichkeit hat, der Sonne auszuweichen, die immer noch auf den Pelz knallt. Wir beschließen noch zum Circus Maximus zu laufen und dort dann wieder in die Metro zu steigen und zurück ins Hotel zu fahren. Vorher nehmen wir an einem der Snackwagen, die überall in Rom stehen, ein Getränk und eine Kleinigkeit zu Essen mit. Die Preise sind recht gesalzen, weil die auch wissen, dass der gemeine Tourist im Urlaub auch mal etwas mehr zahlt.
Die Rückfahrt in der Metro kurz gegen vier/halb fünf ist etwas ungemütlich, weil dank Rush Hour die Züge gut voll sind.  Wir schaffen es aber hinein und beschließen vom Piazza del Popolo mit der Straßenbahn zu fahren und das letzte Stück zu laufen. Auf dem Weg besorgen wir uns wieder Getränke für den nächsten Tag und zurück im Hotel wird erstmal ein wenig ausgespannt, bis wir am Abend wieder ein Restaurant aufsuchen. Diesmal gibt’s Pasta Bolognese im Gli Specialiste, wie man es bei uns nennen würde, hier lautet der Name allerdings schlicht Pasta al ragù. Merke: In Italien würde man niemals Spaghetti zu Fleischsoße servieren, warum das so ist, kann man z.B. hier nachlesen. Und darum gibt’s das auch nirgends in Rom unter dem hier populären Namen. Es schmeckt’s aber auch mit Tagliatelle sehr gut und zusammen mit einem netten Rotwein beschließen wir den Abend recht früh, denn morgen geht’s in aller Frühe aus den Federn, damit wir pünktlich um neun unseren Termin im Vatikan schaffen.
Tag drei – Beim Papst auf dem Dach
Weil wir reserviert haben und uns wieder an der Schlange vorbei schlängeln können, wenn wir denn pünktlich sind, stehen wir am Mittwoch recht früh auf um gegen neun an den Vatikanischen Museen sein zu können. Kurzes Frühstück gibt’s noch, dann geht’s wieder zum Bus, der uns fast bis zum Vatikan bringt. Bevor wir überhaupt den Haupteingang erreichen werden wir von einem Herren angesprochen, der Eintrittskarten und Touren verkauft. Ich versuche ihn damit abzuwimmeln, dass wir schon Tickets haben, er empfiehlt aber eine Tour in der Gruppe zu machen, weil man nur dann über die sixtinische Kapelle direkt eine Abkürzung zum Petersdom machen könne. Ich vermerke die Info und frage nach, ob er auch deutschsprachige Touren anbieten würde, um ihn loszuwerden. Die hätte er tatsächlich nicht, verweist mich aber an eine Kollegin. Wir beschließen, das diskret zu ignorieren und wandern entlang der Mauer zum Eingang, vorbei an einer sehr, sehr langen Schlange von Wartenden. Nach dem Sicherheitscheck und nachdem wir unser Online-Voucher gegen die echten Tickets getauscht haben, betreten wir das Museum, das eigentlich mehrere Museen ist. Unzählige Schilder weisen zu den verschiedenen Sammlungen, die Päpste über die Jahrtausende hier im Vatikan versammelt haben. Wir haben keine bestimmte Präferenz, schauen auch nicht in die Karte, die es am Eingang gab sondern wandern einfach drauf los. Wir schauen uns ägyptische, griechische und eben auch römische Kunstwerke an, viele antike Statuen beispielsweise und folgen dann irgendwann nur noch den Schildern in Richtung sixtinische Kapelle. In diese Richtung wollen offenbar alle, denn es wird immer voller, zahlreiche Touristengruppe 1.0 und 2.0 aller möglicher Sprache schieben sich in an uns vorbei.
Wir durchqueren nach Gängen mit Tierskulpturen und Götterdarstellungen Korridore mit edlen Wandteppichen und danach antiken Karten des Mittelmeerraumes. Alle Ausstellungsstücke sind in überraschend gutem Zustand, was wahrscheinlich die besondere Qualität der Sammlung des Vatikans.
Je später es wurde, desto mehr füllten sich die Gänge und als wir zum Ende der einen Seite des Museums kommen, ergibt sich die erste Möglichkeit eine Abkürzung zu nehmen, die eigentlich geführten Gruppen vorbehalten ist. Da allerdings zig Gruppen unterschiedlicher Sprachen unterwegs sind (nicht nur die Anbieter von draußen sind fleißig, auch der Vatikan selbst bietet diverse Führungen an) und die Zugehörigkeit kaum nachvollziehbar ist, huschen wir einfach mit durch. So kommen wir auf direktem Weg zur sixtinischen Kapelle. Hier gelten besondere Regeln, weil es sich ja um eine Kirche handelt: Es darf nicht fotografiert werden (schade), man muss Schultern und Knie bedeckt halten und man ist gehalten, den Schnabel zu halten. Wirklich. Die Herren von der Aufsicht sind da sehr schnell zur Stelle, um einem die Regeln nochmals ins Gedächtnis zu rufen. Das macht den Besuch aber auch zu etwas besonderem, denn neben der großartigen Deckenmalerei ist es eben auch der einzige Raum im gesamten Museumskomplex, in dem relative Ruhe herrscht. Nachdem wir uns an Michelangelos Deckenfresken, die wirklich wahnsinnig beeindruckend sind, satt gesehen haben, gibt es zwei Möglichkeiten die Kapelle zu verlassen, ein Ausgang ist für Gruppen und führt, wie wir schon gelernt haben, direkt zum Petersdom. Der zweite ist der für Besucher gedachte Ausgang und führt zurück zum Museum. Wir überlegen nicht lange und schließen uns einer wohl russischen Gruppe an. Auf dem Gang findet sich, etwas eigentümlich platziert, ein kleiner Buchladen. Hier halten wir kurz und ich erwerbe einen deutschsprachigen Museumsführer, bevor wir nach draußen gehen.
Die Römer haben auch ein Talent für ihre höher gelegenen Aussichtspunkte extra Eintritt zu nehmen und so zahlt man für den Aufstieg zur Kuppel des Petersdom noch ein paar Euro und wenn man 200 der ca. 500 Stufen nach oben sparen und den Aufzug bemühen will, zahlt man noch etwas mehr. Aber da wir nun mal sportliche Männer sind, legen wir den gesamten Weg zu Fuss zurück und ich kann sagen, dass der letzte Teil in der Kuppel der beschwerlichste Aufstieg ist, den man sich denken kann. Nicht nur wird die Treppe immer enger und die Decke immer schräger, besonders schwierig ist es, wenn sich Herrschaften auf halbem Weg entscheiden, wieder umzudrehen. Außerdem wird die Luft auch zunehmend drückender. Als wir Stunden später oben ankommen, ist das sehr erleichternd. Es gibt frische Luft und offenbar haben es sehr, sehr viele motivierte Kletterer nach oben geschafft. Die Aussicht ist großartig, aber man muss sich den Weg an den Rand ein wenig freikämpfen. Nach einer Runde machen wir uns zum Abstieg bereit, leider scheint sich am Ausgang alles zu stauen. Wir müssen etwas warten und stellen später fest, dass eine Dame sich offenbar etwas übernommen hat, zusammengebrochen ist und von einigen Leuten umsorgt wird. Wir klettern wieder hinunter und nachdem wir die unsäglichen Treppen hinter uns haben, kommen wir wieder auf dem Dach an. Spontan kommt Assassins Creed II ins Gedächtnis, wer auch mal auf dem Vatikan herumklettern will, dort kann man das virtuell tun. Wir aber gehen, nachdem wir nun in und auf der Kuppel waren noch in den Petersdom hinein. Dort werden für die religiös motivierten Besucher Messen angeboten, auch kann man sich (ich nehme an, man muss sich als Katholik ausweisen) zur Beichte anmelden. Der Großteil der Besucher hat aber offenbar ein touristisches Interesse und obwohl der Dom ziemlich voll ist, herrscht dort kein Gedränge sondern doch eine recht kirchliche Stimmung.
Nach den ganzen fensterlosen und abgedunkelten Räumen knallt die Sonne doppelt, als wir am frühen Nachmittag den Petersdom verlassen und auf den Petersplatz kommen. Erst da sieht man, welche Schlange wir durch die Abkürzung tatsächlich umgangen haben, denn da warten noch einige Besucher auf ihren Einlass. Wir aber ziehen uns erstmal auf den Platz zurück und steuern den nächsten Verpflegungswagen für Getränke und Snacks an. Während unserer kleinen Mittagspause werden uns wieder diverse Produkte angeboten, Klappschalen aus Holz, Hüte, natürlich wieder das obligatorische gefrorene Wasser, dass hier schon zwei Euro kostet. Als die Polizei routiniert vorfährt verschwinden die meisten Verkäufer, sind aber zehn Minuten später wieder zurück.
Als letzte Station vor der Rückfahrt steuern wir danach die Engelsburg an, die sich gegenüber des Petersdoms am anderen Ende der Via della Conciliazione befindet. Die Engelsburg (siehe Wikipedia) wurde ursprünglich erbaut als Mausoleum für den Kaiser Hadrian und dann von diversen Päpsten zur Burg umgebaut, auf die man flüchten konnte, wenn sie hinter einem her waren. Viele Päpste nutzten die Burg bis zum 20. Jahrhundert in diesem Sinn.
Seit 1906 ist die Engelsburg (Castel Sant’Angelo) ein Museum, aber zumindest bei unserem Besuch (zum Glück!) nicht so überlaufen, wie der Vatikan. Auch hier kann man gemütlich von unten (im Keller findet sich die eigentlich Grabkammer) nach oben klettern und hat nach den diversen Treppenstufen abermals einen schönen Blick über die Dächer Roms, diesmal auch mit Blick auf den Tiber und den schönen Park. Neben einigen Ausstellungsstücken der Burg und Erklärungen zu Ihrer Geschichte gibt es offenbar auch wechselnde Ausstellungen, zum Beispiel zum Thema “Päpste der Hoffnung – Kunst und Religion in Rom“.
Nach soviel Kunst, Kultur, Treppen und Höhenmetern treten wir dann am späten Nachmittag den Rückweg ins Hotel an, damit wir abends nach ausgedehnter Pause wieder gemütlich Essen gehen können. Dafür geht’s wieder ins Fratelli La Bufala auf eine Pizza. Da die Bedienung wieder etwas ratlos scheint, als wir beim Bezahlen Trinkgeld geben, schaue ich auf dem Rückweg im Internet nach und lerne, dass Trinkgeld in Italien eher unüblich ist, was man z.B. hier und auch hier nachlesen kann. So haben wir also noch etwas gelernt, für den Rest des Urlaubs beherzigen wir die Tipps. Nach einem kleinen Verdauungsspaziergang fallen wir doch recht erschöpft in die wieder auf Vordermann gebrachten Federn.
Den nächsten Teil gibt’s in Kürze, alle Fotos findet man auf Flickr.