Prolog
Was sind Video- oder Computerspiele? Kunst? Oder Kommerz? Technologie? Etwas für Kinder? Oder der Eskapismus für Erwachsene des 21. Jahrhunderts? Nur ein Trend oder das neue Medium unserer Zeit? Genau kann diese Fragen wohl kaum jemand beantworten, aber wer diverse Spiele gespielt hat, wird mir zustimmen, das Computerspiele das Potenzial haben, all das sein zu können. Und mehr. Viel mehr sogar im Fall von Life is Strange.
Dieser Artikel wird wie immer viel zu lang und dabei auch noch zweiteilig: Im ersten Teil schreibe ich allgemein was zum Spiel und bemühe mich große Spoiler zu vermeiden, für diejenigen, die noch dazu motiviert werden können, selbst den Controller in die Hand zu nehmen. Im zweiten Teil ist Schluss mit der spoilerfreien Zone und ich werde meiner Meinung Ausdruck verleihen und erklären, was das Spiel und insbesondere das Ende bei mir für einen Eindruck erzeugt hat. Das geht nicht, ohne vorauszusetzen, dass Ihr das selbst gespielt habt, darum bitte ab der Warnung nicht weiterlesen, wenn ihr Episode 5 noch nicht vollendet habt. Und Achtung Nummer Zwei: Die meisten Links sind ebenfalls spoilerverseucht. Besonders der Trailer zur fünften Episode am Ende.
Exkurs: Kobayashi Maru
Der Kobayashi Maru – Test ist im Star Trek Universum bestens bekannt. Es handelt sich dabei um eine Simulation auf der Brücke eines Schiffs der Sternenflotte, in dem angehenden Offiziere sich einer ausweglosen Situation gegenüber sehen und schnell handeln müssen. Unter Druck sollen potenzielle Kapitäne entscheiden, ob sie einem gestrandeten Frachter in der neutralen Zone helfen wollen und dafür einen Friedensvertrag verletzen, wie sie sich dem dann auftauchenden Gegner stellen und letztendlich angesichts der Gefahr reagieren. Dabei können sie nicht siegreich hervorgehen, der Test ist ein Charaktertest und der Kampf kann nicht gewonnen werden. Nur James T. Kirk konnte diesen Test jemals bestehen und das nur, weil er schummelte mit der Begründung, dass es für ihn keine ausweglose Situation gebe.Exposition
Life is Strange ist ein fünfteiliges Episodenadventure von Dontnod Entertainment. Protagonistin Max(ine) Caulfield, Fotografiestudentin und Geek an der Blackwell Academy, Arcadia Bay (irgendwo in Oregon) und gerade mal 18 Jahre alt, stellt fest, dass sie die Macht hat die Zeit zurück zu spulen. Das geht einerseits kurzfristig also innerhalb einiger Minuten ihrer eigenen erlebten Zeit oder über Fotografien, mittels derer sie in der Zeit zu den jeweiligen Momenten reisen kann.
Mit ihrem ersten Zeitsprung verhindert Sie, dass ihre beste Freundin Chloe Price (die sie allerdings einige Jahre aus den Augen verloren hatte) von Nathan, einem gruseligen Mitschüler und Sohn der unverschämt reichen Prescott Familie erschossen wird. Chloe ist dann auch die einzige, der sie von ihren neuen Kräften berichtet. Sie ist allerdings auch das ganze Gegenteil von Max, trinkt und raucht, hat wegen Drogen Geldprobleme, keinen Job und geht scheinbar auch nicht mehr zur Schule oder zeigt anderweitig Verantwortungsbewusstsein. Sie war bislang mit Rachel Amber (auch Schülerin in Blackwell) eng befreundet, die seit einiger Zeit vermisst wird und setzt nun alles daran Rachel zu finden oder herauszubekommen, was mit ihr geschehen ist. Wenig hilfreich scheint ihr dabei ihr Stiefvater David Madsen (auch step-douch genannt), der Sicherheitsbeauftragter der Schule ist und scheinbar alles und jeden überwacht oder überwachen will. Chloes leiblicher Vater kam leider vor Jahren bei einem Autounfall ums Leben.
Im Spiel steuern wir Max und bestimmen ihre Interaktion mit den restlichen Charakteren. Neben klassischen Multiple-Choice-Dialogen, dem Sammeln von Gegenständen und einigen genretypischen Puzzeln ist die zentrale Spielmechanik zum einen das Springen zurück in der Zeit, mit dem wir Dialoge erneut durchlaufen oder Gegenstände manipulieren und so die Zukunft verändern können. Zum anderen ergeben sich während des Spieles diverse meist binäre Entscheidungen, die die Narration bisweilen nachhaltig beeinflussen. Wir können Charakteren helfen oder nicht, Informationen teilen oder für uns behalten und dergleichen. Dabei sind die Konsequenzen, wie im echten Leben, zunächst unklar aber wir müssen sie später im Spiel trotzdem ausbaden. Viele Entscheidungen sind eher oberflächlich und beeinflussen ‘nur‘ einzelne Reaktionen anderer Charaktere mit Max. Einige Entscheidungen, besonderes im späteren Verlauf, sind aber sehr, sehr profund und zeigen, dass das Spiel weit über die klassischen Coming-of-Age-Themen und das Setting der Schulquerelen hinaus geht. Diese bereiten einen dann auch für eine Handvoll sehr krasser Momente vor. Oder eben auch nicht, denn es geht einige Male wortwörtlich um Leben oder Tod.
Unter der Haube und worum es wirklich geht
Technisch gesehen ist das Spiel gut gelungen, man hat einen eher abstrakten Grafikstil gewählt, so dass man keinen optischen Detailreichtum erwarten sollte, aber im Kontext der Narration ist die visuelle Gestaltung sehr stimmig und die Präsentation der Charaktere ist ebenfalls sehr gelungen, auch wenn Mimik und Gestik bisweilen etwas hölzern wirken, wie in den etwa ähnlich gestrickten Telltale-Spielen. Insbesondere später, wenn es richtig zur Sache geht, stört das schon ein wenig. Das ist schade aber kein Spielverderber. Max ist Fotografin und trägt immer ihre Kamera mit sich herum, darum gibt das Spiel einem die Möglichkeit diverse Fotos zu sammeln, die aber scheinbar keinen Einfluss auf die Story haben und eher Spielern mit Sammelleidenschaft einen Grund mehr geben, die Spielwelt zu erkunden. Neben Max’ Tagebuch können wir auch ihre SMS mitlesen, was interessante Nebeninformationen bietet. Die Steuerung ist recht typisch, man bewegt die Spielfigur aus der Rückenansicht mit Tastatur oder Pad und löst mit den entsprechenden Tasten der Maus oder des Pads Aktionen aus. Die Musik besteht aus mehreren Elemente, es gibt einen eigenen Score, der auch akustische Hinweise beinhaltet, und lizensierte Songs, die großartig zu den jeweiligen Situationen passen und zur emotionalen Stimmung viel beitragen, wie ich finde. Die Vertonung ist überhaupt sehr gelungen, die beeindruckenden SprecherInnen (aktuell nur auf Englisch) verleihen den eher hölzernen Figuren ihr eigentliches Leben. Ohne diese Leistung, würde das Spiel sicherlich nicht funktionieren.
Die große Stärke von LiS ist die Narration, wenn man sich in die Charaktere versetzen kann und mag. Es werden diverse teils heikle Themen aufgebracht, die nicht nur für junge Erwachsene relevant sind: Selbstvertrauen, Freundschaft, Bullying (in Deutschland eher Mobbing genannt), Sexualität, Umweltzerstörung kommen ebenso vor wie Suizid, Euthanasie, Mord, Entführung, Drogenkonsum oder Waffengewalt. Und das alles ist auch nicht beliebig vermischt sondern zu einem sehr eindrucksvollen Plot verwoben worden. Neben dem ganz pfiffigen Element der Zeitreise und den teils großartigen Dialogen sind es aber die Entscheidungen und die Wendungen im Plot, die am stärksten einen tiefschürfenden Eindruck hinterlassen dürften.
Und damit komme ich wieder zur Kobayashi Maru: Ich finde den Vergleich naheliegend, weil es auch in LiS einige Niederschläge in der Story gibt, die man nicht zum Guten wenden kann und genau darum geht es auch. Man kann in Einzelfällen positiven Einfluss ausüben, es ist also nicht nur deprimierend, aber es läuft letztendlich auf eine drohende Katastrophe hinaus, der man sich stellen muss, wenn man das Spiel beenden will. Wie sich das auswirkt, bespreche ich unten, aber es sei gesagt, dass man anders als Kirk nicht schummeln kann. Insbesondere die Cliffhanger der einzelnen Episoden sind eigentlich kontinuierlich steigende Stimmungstiefpunkte und auch dazwischen sind emotionale Tiefschläge seitens der erbarmungslosen Entwickler nicht auszuschließen. Trotzdem oder gerade deswegen macht Life is Strange Bock. Man wird immer wieder in Tiefen geworfen und es wird mit der Hoffnung gespielt, dass man mittels der eigenen Fähigkeiten die Probleme – vielleicht schon in der nächsten Episode – lösen können wird. Daraus zieht das Spiel für mich seine primäre Faszination. Auch spannend: Für jede getroffene Entscheidung kann man am Ende des Spiels (bzw. der jeweiligen Episode) prozentual sehen, wie viele Spieler sich wie entschieden haben.
Man kann schwer beschreiben (ich versuch’s im Anschluss trotzdem), was Life is Strange so besonders macht, darum einfach mal die erste Episode spielen (dauert vielleicht 3 bis 4 Stunden) und sich nicht von dem vielleicht zunächst etwas oberflächlichen Setting abschrecken lassen. Dies ist keine Teeniekomödie und auch nicht irgendein Point-and-Click.
Life is Strange hat mich persönlich emotional total mitgenommen, so wie noch kein Spiel zuvor. Der Plot kann durch die Möglichkeit der Zeitreise einige sehr krasse Sprünge vollziehen, die anders kaum denkbar wären. Und die Entwickler sind absolut brutal in der Nutzung dieser Möglichkeit. Scheiß auf realistisch inszenierte Gewalt, Blut und Gore und den ganzen Kram, den man Videospielen immer wieder vorwirft: Geschichten wie diese und die Möglichkeit dem Spieler profunde Entscheidungen aufzuerlegen (um nicht zu sagen aufzuzwingen) sind das eindrucksvollste (und vielleicht auch gefährlichste) Feature digitaler Spiele und werden hier rigoros ausgenutzt.
Alle Charaktere können sterben, das kennt man ja schon aus zeitgenössischen TV Serien. Aber in den Serien trifft diese Entscheidung der Autor, über den man sich dann ärgern kann, hier im Spiel treffen diese Entscheidung (natürlich etwas eingeschränkt) die SpielerInnen. Einige Entscheidungen sind, wenn man sich erst einmal in die Protagonistin Max hinein versetzt hat, zutiefst… tja, verletzend, traurig, verstörend und zwar zu einem Grad, den man sich wohl kaum vorstellen kann, wenn man es nicht selbst gespielt hat. Was als eine scheinbar leichte Coming-of-Age-Geschichte der Gegenwart mit ein wenig Detektivstory startet, wird zutiefst komplex und nervenaufreibend. Wenn die Charaktere einem ans Herz gewachsen sind, und ich behaupte nicht, dass das bei jedem gleich gut funktioniert, ist es wirklich grausam, welche Entscheidungen einem das Spiel aufnötigt. Man wähnt sich selbst, wie auch Max, in der Lage die Zukunft zum Besseren verändern zu können, wenn einem das Spiel nur mehr Handlungsfreiheit ließe. Immerhin ist es doch das Ziel eines jeden Spiels, einer jeden Geschichte uns ein tolles Gefühl zu geben. Oder? Oder es ist eben eine Mischung aus Neugier, Frustration, Spannung und emotionalen Tiefschlägen.
Spoilerstufe 10
Ab hier nicht weiterlesen, wenn man Episode 5 noch nicht beendet hat! Das ist mein voller Ernst!Der letzte Akt
Am Ende der letzten Episode wird man dann genötigt über das ultimative Opfer zu entscheiden und selbst, wenn man etwas vergleichbares erwartet hat und die Wendungen des Spiels bisher verdauen konnte: Mich hat es beinahe verzweifeln lassen. Der Kloß im Hals beim Anblick der letzten Szenen war riesig, auch weil der Aufbau so sadistisch ist: Denn nachdem wir die ganze Zeit versucht haben durch kleine Änderungen die Zukunft zu korrigieren und diversen Freunden oder eben Chloe zu helfen, merken wir in den letzten Episoden, dass wir damit viel größere Probleme generieren. Und dann erfahren wir am Schluss noch, wie sinnlos all das war. Das Spiel nimmt sich sogar Zeit uns die optimale Zukunft für Max zu zeigen, aber sie wird einem wieder genommen und so ist die Fallhöhe in meinen Augen immens. Und das ist ganz große Erzählkunst, denn man freut sich mit, man lacht mit, man entdeckt, erkundet, lernt die Charaktere kennen und lieben nur um letztendlich auch mit Ihnen zu leiden, zu weinen und zu trauern. Ich kann mich an wenige Bücher und auch nur einige Filme erinnern, die bei mir einen solch tiefen Eindruck hinterlassen haben. Aber ich denke LiS hat hier eine ganz neue Qualität erreicht, so dass ich sagen kann: So etwas habe ich noch nie zuvor erlebt, und ich gehöre womöglich nicht einmal zur Zielgruppe.
Mit etwas Abstand und nachdem ich mir beide Enden und diverse Let’s Plays der letzten Episode angeschaut habe (mit recht unterschiedlichen Kommentaren) würde ich sagen, dass es zwei Extreme mit viel Raum dazwischen gibt: Es gibt offenbar SpielerInnen, die zwar Sympathien für Max hegen und ihr Verhältnis zu Chloe verstehen, aber zu Chloe selbst keinen Bezug aufbauen können. Chloe wird dann als nervig und aufbrausend gesehen, sie will Max nur zu irgendwelchen Aktionen in ihrem Interesse überreden. Während man aufgrund der langen Freundschaft nachvollziehen kann, dass Max Chloe auch anderes erlebt hat, sieht man diese Seite im Spiel eher selten. Auf der anderen Seite gibt es Leute, die sowohl zu Max als auch zu Chloe eine Verbindung aufbauen können, obwohl wir ja nur eine straffe Woche der Freundschaft miterleben (und dabei auch ziemlich viele negative Charaktereigenschaften von Chloe). Je nachdem wie stark einem Chloe (oder auch Max) am Herzen liegt, entscheidet man wahrscheinlich über die finale Weichenstellung. Meine Entscheidung war eher ein logische, ich wollte nicht hunderte oder gar tausende von Menschen (von denen man einige ja ebenso ins Herz geschlossen hat) zugunsten einer Person opfern, wo doch Chloe selbst das ungerecht findet und Max bittet, das zu verhindern. „Das Leben vieler ist mehr Wert als das Leben weniger oder eines Einzelnen.“, würde Spock sagen.
Wenn nun am Ende Chloe geopfert wird, ist das imho viel emotionaler inszeniert als das Ende von Arcadia Bay. Ich zumindest bekomme auch nach mehrmaligem Anschauen immer noch feuchte Augen. Chloes Tod wird recht eindrucksvoll zelebriert, wir erleben die Todesszene mit und auch die Beerdigung, was beides (für Max und ggf. die SpielerInnen) sehr bedrückend ist. Das Arcadia Bay-Ende hingegen zeigt keinen einzelnen Menschen außer Max und Chloe, sie alle sind scheinbar tot, aber sicher ist das nicht und wir finden es auch nicht mehr heraus, weil die beiden die Stadt verlassen. Es irritiert mich, dass sie nicht mal nach Chloes Mutter oder Warren suchen. Dieses Ende scheint mir viel offener als Chloes Tod und auch emotional weniger herausfordernd. Es werden nicht die Leichen der vielen Freunde und Bekannten gezeigt, nur die eher versöhnlich wirkenden Rehe, die Symbol für Maxs Geist sind und zwischen den Trümmern spazieren gehen. Man könnte denken, dass dies das bessere von zwei deprimierenden Enden ist. Für mich ist es allerdings zwar das wesentlich weniger traurige, aber auch das weniger zufriedenstellende Ende, falls das Sinn ergibt. Dieser Widerspruch ist es glaube ich, der Life is Strange am besten beschreibt. Das Spiel ist darauf ausgelegt emotional herausfordernd zu sein. Das zeigen die Szenen auf dem Dach mit Kate (die ich nicht vom Sprung abhalten konnte), die Reise in die alternative Gegenwart zur querschnittsgelähmten Chloe, wenn Sie Max bittet, ihrem Leben ein Ende zu setzen (was ich schweren Herzens auch tat), die Szenen im Bunker mit Jefferson (den ich nicht sterben ließ) und die gesamte innere Seelenwelt der fünften Episode, die nochmal eindrucksvoll Revue passieren lässt, in welchem Konflikt sich Max die ganze Zeit befindet. Gleichzeitig ruft sie dem Spielenden die erlebte Geschichte ins Gedächtnis und die tollen Momente, damit die Entscheidung gegen Chloe Leben oder gegen die Leben der Menschen von Arcadia Bay noch plastischer wird. Egal wie gut (oder schlecht) gelungen man das findet, es ist erstaunlich, dass Computerspiele an einem Punkt angekommen sind, wo wir ihnen diese fiktive Welt mit ihren fiktiven Charakteren abnehmen und sie uns so immersiv präsentiert werden, dass wir daran emotional hängen bleiben können. Wenn dann die Interaktivität des Mediums eingesetzt wird, um derlei Entscheidungen treffen zu können/müssen, hat das für mich schon eine neue Qualität, die ich von Romanen, dem Theater oder Filmen nicht kenne. Es wird interessant sein zu sehen, wie zukünftige Spiele diese Potentiale nutzen. Einerseits bin ich den Machern für dieses Spielerlebnis dankbar, aber irgendwie bin ich auch wütend und enttäuscht, dass die Geschichte solch ein Ende nehmen muss. Und auch traurig, weil die Reise zu Ende ist. Es ist ein eigenartiger Gefühlscocktail, mit dem man da zurückgelassen wird.
Epilog
Wenn man am Schluss feststellt, dass die Quote für die finale Entscheidung etwa 50/50 ist, dann wird einem klar, dass die Entwickler es geschafft haben, eine Geschichte zu schreiben, die kein offensichtlich und objektiv passendes oder richtiges Ende, nicht mal einen ‘optimalen’ Verlauf hat und dass man als SpielerIn, wie bei der Kobyashi Maru, gezwungen ist, mit seinen Entscheidungen zu leben und sich nur fragen kann, was die eigene Reaktion über einen selbst verrät. Und wo es am Ende vieler anderer Spiele zumindest die Erleichterung gibt, die Lösung und das Ende herbeigeführt zu haben, versagt dieser Mechanismus hier: Die Aufklärung des Verschwindens von Rachel, die geleistete Hilfe für Freunde, die Entwicklung von Max, die am Ende (zumindest in meinem Ende) mutiger und gestärkter scheint, die gerechte Strafe für den Entführer, all das tritt für mich hinter die Auswirkungen der finalen Entscheidung zurück. Damit ist den Machern ein wirklich beeindruckendes Stück interaktive Fiktion gelungen, dass sich absolut lohnt, selbst wenn es einen nicht unbedingt emotional packt. Viele der weiteren Themen des Spiels wie die Andeutungen von romantischen Beziehungen (Max + Chloe aka Pricefield oder Max + Warren aka Was) oder die generellen Schmerzen des Erwachsenwerdens kann ich hier nicht besprechen, ohne dass der Artikel wesentlich länger ausfällt. Aber auch hier attestiere ich LiS, dass man die Themen mit viel Feingefühl aufgreift, ohne dass dabei eine gewisse emotionale Wirkung verfehlt wird. Aber das wird überall im Netz debattiert und soll darum hier nicht vertieft werden. (beispielsweise hier oder hier)
Man wünscht sich fast, dass Dontnod auf eine Fortsetzung verzichtet, weil damit die Einmaligkeit des Spiels unnötig aufs selbige gesetzt scheint. Da LiS aber wohl erfolgreich genug ist, um eine zweite Staffel zu erhalten, bin ich schon gespannt, wie man mit den getroffenen Entscheidungen umgeht und inwiefern man neue Wege findet, bedeutsame Entscheidungen in den Weg der SpielerInnen zu werfen. Und da ist auch die kleine Hoffnung, dass wir Chloe vielleicht doch nicht zum letzten Mal gesehen haben.