Inspiriert durch den Blogpost und die Tweets von Kattascha und weil ich eh erkältet die Couch hütete, habe ich mir gedacht, dass man sich ja mal das Wahlprogramm der AfD für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt anschauen könnte (am 13. März wählen gehen!). Einerseits sollte da ja stehen, was diese Partei im arg konservativem Spektrum wirklich will, andererseits ergibt sich ja daraus sicherlich auch, ob der Vorwurf, dass die AfD im rechten Spektrum der Ewiggestrigen fischt, berechtigt ist. Darum habe ich das Programm gelesen und in Teilen kommentiert. Einige dieser Kommentare (also eine Auswahl, was bedeutet das ich Dinge vorsätzlich weglasse) poste ich hier. Jeder soll wählen, was er für richtig hält, aber man sollte sich auch sicher sein, wofür genau eine Partei steht, die insbesondere noch niemals zuvor politische Verantwortung getragen hat. Darum einfach hier nachlesen. Das Dickgedruckte ist das Zitat aus dem Programm (meist mit Seitenangabe) und das kursive, dunkel hinterlegte mein Kommentar.
Ich habe kaum Ahnung von den meisten Themen, am wenigsten inkompetent sehe ich mich als Universitätsmitarbeiter im Bereich Bildung, darum ist das mein Fokus. Dies ist aber keine wissenschaftliche Betrachtung, sondern eher eine satirische Meinung (nämlich meine). Nicht alle Kommentare sind völlig ernst gemeint: Vorsicht Sarkasmus! Und noch ein letzter Disclaimer: Ich bin Mitglied der Piratenpartei, also politisch nicht neutral.
Die Familie ist gemäß Art. 6 des Grundgesetzes und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft, um die sich alle weiteren Gesellschaftsbereiche entwickeln. Daher muss eine gestaltende Politik ihr Zentrum in der Familienpolitik finden. Diese muss stets primär die traditionelle Familie im Fokus haben und darf nicht über die Wirtschafts- und Gleichstellungspolitik definiert werden.Seite 5
“Traditionelle Familie?” Nein, denn das steht so nicht im Grundgesetz und das schreiben wir da auch so nicht hinein.
Allen Versuchen, den ursprünglichen Begriff „Familie“ auf weitere Gemeinschaften auszudehnen und so den grundsätzlich garantierten Schutz der Familie zu relativieren, treten wir entschieden entgegen.Seite 5
Warum Anführungszeichen? Dem stimme ich durchaus zu. Familie (lateinisch familia „Hausgemeinschaft“) sollte bedeuten, dass auch alle in einem Haus wohnen. Und automatisch alle die in einem Haus wohnen auch Familien sind. So isses doch gemeint, oder?
Für Kinder ist es wichtig, im Kontakt mit anderen Kindern aufzuwachsen. Kindertagesstätten unterstützen und fördern das Erlernen sozialen Verhaltens. Zudem führen sie Kinder spielend aber zielgerichtet an die Schule heran. Für viele Kinder eröffnen Kindertagesstätten Bildungschancen, die sich sonst nicht ergeben würden. Daher soll der Besuch von Kindereinrichtungen ab dem 4. Lebensjahr in Sachsen-Anhalt kostenlos sein.Seite 6
Kann man machen, muss man aber auch klar sagen, dass dann einfach alle über die Steuern die Zeche zahlen müssen. Da Eltern ja auch über Freibeträge und Kindergeld unterstützt werden, stellt sich also die Frage, ob das fair ist. Ich hätte allerdings nichts dagegen. Widerspricht übrigens auch wieder teilweise der Hausunterrichtsthematik, die später noch kommt.
Nach geltender Rechtslage können EU-Bürger, die in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, für ihre nicht in Deutschland lebenden Kinder Kindergeld beantragen. Mit dieser Regelung wurde vor allem nach dem EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien Missbrauch getrieben. Wir wollen uns deshalb dafür einsetzen, dass Kindergeld nur noch für in Deutschland lebende Kinder gezahlt wird. Außerdem soll der Kindergeldbezug bei Kindern im schulfähigen Alter an den Schulbesuch gebunden sein.Seite 7
Kann schon sein, dass das auch missbraucht wird. Aber von der Sinnhaftigkeit mal ganz abgesehen, widerspräche das nicht der Forderung nach optionalem Schulbesuch und freier Schulwahl, die später noch kommt? Denn warum soll man nur eine Schule in Deutschland  wählen können?
Die AfD setzt sich dafür ein, dass die Familiengründung während Studium und Ausbildung stärker gefördert wird. Wer bereits den Fachhochschul- oder Hochschulabschluss mit Kind meistert, wird auch den Übergang in den beruflichen Alltag einfacher bewältigen. Zur Realisierung des Modells „Studieren mit Kind“ wird die AfD sich für Hilfen und Beratung während Studium und Ausbildung (Kredit, Wohnung, Kinderbetreuung, Kinderzuschuss beim BAföG) sowie für eine flexiblere Ausgestaltung des Studien- und Ausbildungsverlaufs und verbesserte Möglichkeiten eines Fernstudiums einsetzen. Wir fordern eine Willkommenskultur für den Nachwuchs der ein- heimischen Bevölkerung!Seite 8
Also: Soweit ich das weiß gibt es das „Modell“ schon längst, zumindest an der OvGU, die dafür auch schon zertifiziert wurde. Da kann man vielleicht noch Verbesserungen anbringen, aber der Prozess läuft schon. Dass die AfD das unterstützt ist toll, aber sie hätte wohl auch kaum eine Wahl. So zu tun, als wäre man dort exklusiv auf die Idee gekommen, ist ja mal Bullsh*t.
[…] Die AfD setzt sich deshalb für Daten- statt Berufsverkehr ein. Eine flächendeckende Modernisierung der Netze macht es möglich, Büroarbeit großteils auch von zu Hause aus zu verrichten, so dass entsprechende Arbeitsplätze im strukturschwachen ländlichen Raum geschaffen werden können.[…]Immer noch Seite 8
Das scheint mir doch etwas kurz gedacht, welche Art von beruflicher Tätigkeit kann man denn dauerhaft von Zuhause erledigen und sich gleichzeitig um die Kinder kümmern? Das funktioniert wohl nur für einen sehr kleinen Kreis, wichtiger wäre doch, dass Regelungen zu Elternzeit und ähnliche schon vorhandene Angebote pragmatisch in den Arbeitsalltag (z.B. im öffentlichen Dienst) implementierbar sind. Das ist offenbar aktuell nicht der Fall, insbesondere (mein Eindruck) nicht für Männer. Für den Netzausbau bin ich allerdings grundsätzlich schon.
Sexualkundeunterricht muss mit der körperlichen und seelischen Entwicklung von Kindern Schritt halten. Sie darf nicht zu früh ansetzen sondern gehört in die Zeit der Pubertät. Das gesellschaftspolitische Experiment der Gender-Ideologie lehnen wir strikt ab, da es unserer Wertevorstellung entgegensteht.
Seite 9
Ich bezweifle mal, dass gerade in der AfD die versammelte Kompetenz von Pädagogik und Entwicklungspsychologie etc. abzurufen ist, die hierfür plausible Argumente liefert. Da spricht imho der Verfolgungswahn. Ich würde auch mal gern den Lehrplan lesen, der andere Ziele verfolgt. Aber: Was zum Geier ist Gender-Ideologie? Bestand die Ideologie bisher nicht darin, das biologische Geschlecht mit einer gesellschaftlich konstruierten Rolle zwangszuverheiraten? Das kann man ja kaum als Wert verstehen.
[…] Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist jedoch etwas anderes als die Ehe von Mann und Frau, aus der Kinder hervorgehen können und die unter dem besonderen Schutz des Staates steht. Eine vollumfängliche rechtliche Gleichstellung der Ehe mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft, die sog. „Homo-Ehe“, lehnen wir deshalb strikt ab. Dies gilt insbesondere für das Adoptionsrecht.Seite 9
Nun, das kann man wahrscheinlich niemandem mehr erklären, der nach 1980 geboren wurde oder nicht in der CSU ist. Ich nehme mal an, die wissen einfach nicht, dass man mittlerweile auch unverheiratet Kinder zeugen kann und dies auch durchaus getan wird. Und es irritiert auch, dass die Ehe mit dieser Begründung dann nicht mit der Verpflichtung zum Kinderzeugen verknüpft wird. Aber es werden ja auch keine Argumente angeführt, von daher…
Eltern ist grundsätzlich die Wahlfreiheit zwischen Schul- und Hausunterricht für ihre Kinder einzuräumen. Schulpflicht ist durch Unterrichtspflicht zu ersetzen. Voraussetzung für Hausunterricht ist, dass der Hausunterricht durch Privatlehrer gleiche Qualitätsstandards erfüllt wie Schulunterricht und dabei die gleichen Prüfungen abgelegt werden müssen.Seite 10
Nein, dass halte ich für Blödsinn. Mit derselben Begründung könnte man die Schulpflicht ganz aussetzen. Soziales Miteinander lernt man nicht im Hausunterricht und anstatt den Schulen, die in Sachsen-Anhalt eh schon systematisch dezimiert werden, die Basis zu entziehen, sollte man denen lieber mehr Unterstützung zukommen lassen. Individuelle Bildungsmodelle brauchen wir sicher sich mehr, aber nicht mit Methoden des wohlhabenden Bürgertums vom Anfang des 20. Jahrhunderts, damit geht die soziale Kohäsion nur noch mehr flöten. Und über die Problematik von ‚gleichen Qualitätsstandards‘  was Bildung angeht, lasse ich mich mal gar nicht erst aus… Next.
Bildung ist unser höchstes Gut.[…]Das Leistungsniveau sinkt schon seit Jahrzehnten auf allen Ebenen, ideologische Experimente zehren an der Substanz, und im Namen der Internationalisierung wird unser einst von Freiheit geprägtes Bildungswesen in ein bürokratisches Korsett gezwungen.Seite 13
Ui, was das wohl ist, diese Eigenart? Wetten, dass da in der Entwurfsphase mal Tradition stand?
Hmm, also ich kann mich an dieses „von Freiheit geprägte Bildungswesen“ erst ab 1990 erinnern. Das bürokratische Korsett gab’s ja schon vorher, oder? Wird hier also eine Zeit vor dem Krieg referenziert? Vielleicht sogar vor dem 30-jährigen? Und ich frage mich, was die für Studien lesen, bei PISA steht Deutschland doch ganz gut da und auch in vielen anderen Bereichen. Und schon wieder dieser unklare Ideologiebegriff. Finde ich ideounlogisch.
Bildung ist Sache der Länder, der Föderalismus darf aber nicht dazu führen, dass Schulabschlüsse nicht mehr vergleichbar sind.
[…] Wir bekennen uns zum Leistungsprinzip, zum Humboldtschen Bildungsideal und zum unverwechselbaren Charakter unserer Universitäten.[…]Immer noch Seite 13
Mir stellt sich die Frage: Wozu dient diese Vergleichbarkeit denn? Und: Warum nicht? Wäre das nicht mehr Freiheit? Hmm, und dann: Leistungsprinzip und Humboldt… Also wird Bildung als Prozess der Menschwerdung und freien Entfaltung der Persönlichkeit und Identität gedacht. Aber wehe, wenn man die arbiträr gesteckten Ziele nicht erreicht?
Das Bildungssystem darf nicht nur technisches Wissen vermitteln, es muss auch Sinn stiften, zu Tugenden wie Fleiß und Disziplin erziehen und dafür sorgen, dass junge Menschen wieder bereit sind, hart an sich zu arbeiten.Seite 13
Genau. Hart an sich arbeiten, zum Wohle der Nation. Fleißig und diszipliniert. Und den Sinn stiftet natürlich wer? Erinnert mich ein wenig an meine Bummis aus den 1980igern… aber es war ja nicht alles schlecht.
Wir brauchen nicht generell mehr Hochschulabsolventen. Was wir brauchen, ist eine bessere, zielgenauere und stärker am tatsächlichen Bedarf wie auch den individuellen Begabungsvoraussetzungen orientierte Vorbereitung junger Menschen auf ihren Beruf.Ein letztes Mal Seite 13
Und so schnell wird aus einem Bildungskonzept ein Ausbildungskonzept. Bin enttäuscht, aber nicht überrascht. Alles nur leere Worte?
Schulen in freier Trägerschaft tragen zur Vielfalt unserer Bildungslandschaft bei. Wir wollen die Privatschulfreiheit stärken und setzen uns daher für die weitgehende personelle und finanzielle Gleichstellung ihrer Ausstattung mit der Ausstattung staatlicher Bildungseinrichtungen ein.Seite 14
Ich war auf einem Gymnasium in freier Trägerschaft. Es ging uns da ziemlich gut und das ist noch immer so (soweit ich weiß), auch weil die meisten Eltern der Schüler dort gut verdienen und die Schule einen Förderverein hat. Soviel zur Entkopplung von Bildungschancen und sozialem Status. Gibt es eigentlich private Hauptschulen? Und die zweite Frage: Was soll damit erreicht werden? Eine Privatisierung des Schulsystems?
Kinder in Sachsen-Anhalt sind im Moment an feste Schuleinzugsbezirke gebunden. Lediglich Kinder, die eine Schule in freier Trägerschaft besuchen, sind davon ausgenommen. Wir wollen die Bindung an die Schuleinzugsbezirke aufheben. Eltern sollen ihre Kinder auf die Schule schicken können, die ihnen am besten geeignet erscheint.Seite 14
Hehe, war da nicht was von wegen langer Weg zur Schule? Also ich denke mit den Bezirken wird das eher vermieden, warum also davon abgehen? Oder wird die AfD ein landesweites Schulbussystem etablieren? Und von den Bezirken abgesehen ist die Wahl doch frei, oder?
Schule ist auch eine Sozialisationsinstanz. Neben grundlegenden Kulturtechniken müssen deshalb ebenso die klassisch preußischen Tugenden Geradlinigkeit, Gerechtigkeitssinn, Ehrlichkeit, Disziplin, Pünktlichkeit, Ordnungssinn, Fleiß und Pflichtbewusstsein vermittelt werden.Seite ... 14
Genau! (Hausunterricht = keine Sozialisation?) Um die Jungs (und Mädels, oder?) schon mal auf die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu trimmen, die in anderen AfD-Programm explizit beabsichtigt ist! Also reden wir hier von einem Schulsystem vom Beginn des letzten Jahrhunderts (oder noch älter)? Fragt sich, auf was die Autorität des Lehrers fußen soll. Und wie man jemanden zur Ehrlichkeit disziplinieren soll. Habe da nur ich ganz schlimme Bilder im Kopf, wenn ich das lese? Da hat schon jemand die Nachkriegszeit verschlafen, oder?
Die deutsche Geschichte und die Geschichte Sachsen-Anhalts bieten genügend Anknüpfungspunkte, auf die wir uns mit Stolz berufen können.
Seite 15
Staatlich verordnete Ideologisierung! Das ist doch mal ein klares Bildungsideal… Ob denen bewusst ist, dass eine Partei wie die AfD nur entstehen kann, weil wir das seit 1990 nicht mehr machen?
Und was die Geschichte angeht: Auf jeden Fall etwas, auf das man Stolz sein kann! Ausgenommen vielleicht ein paar Zeiträume zwischen 1933 – 1945 und 1949 – 1990. Abgesehen davon, dass man auf Geschichte nicht stolz sein kann, es sei denn, man hat sie selbst erfunden. Muss ich auch auf die Erde stolz sein, auf der das Haus steht, in dem ich wohne?
Wir treten deshalb für den Erhalt der bewährten Förderschulen ein und lehnen das ideologisch motivierte Großexperiment „Inklusion“ ab.
Seite 16
Genau, wenden wir uns lieber dem etablierten ideologisch motivierten Großexperiment „Isolation“ zu. Oder wie? Mannomann… Individuelle Förderung brauchen wir viel stärker, aber eine separate Schulform scheint mir zu unflexibel. Warum nicht Schüler da fördern (aus welchem Grund auch immer, also wegen Über- oder Unterforderung) wo sie eh schon sind? Aber man merkt schon, die AfD ist keine Partei für Experimente. Schone gar nicht große und ideologisch motivierte. Die AfD ist richtig ideologiebefreit, ne?
Die Studiengänge sind verschult und hemmen die Entwicklung wissenschaftlicher Kompetenzen.Seite 17 f
Möglich, aber ist das nicht die Schuld der Hochschulen und der mangelhaften Anpassung von Studiengängen an die neuen Rahmenbedingungen, die nicht nur durch Bologna entstehen? Außerdem ein Mythos: In Bologna steht von Verschulung nichts drin, darunter verstehe man laut Wikipedia:
- vorgegebene Curricula ohne Wahlmöglichkeiten
- Anwesenheitspflicht bei Lehrveranstaltungen
- Reduktion des Studiums auf Wissensvermittlung und Wissensabfrage
Ich bin sehr sicher, dass man all diese Punkte noch frei gestalten kann, wenn man ein Studienprogramm konzipiert. In meinem Arbeitsumfeld bestimmen meist die Dozenten die Veranstaltungen, entscheiden über die Regeln zur Anwesenheit und reduziert werden eigentlich nur die Mittel und die Zahl der MitarbeiterInnen. Korrelation bedeutet nicht Kausalität.
Die Einführung der sog. Juniorprofessur kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein Wissenschaftler erst dann den Reifegrad erreicht, der für die Lehrerlaubnis (venia legendi) notwendig ist, wenn er nach der Promotion eine zweite große Arbeit – die sog. Habilitation – vorgelegt hat. Wir fordern daher, die Habilitation zu erhalten und die Juniorprofessur abzuschaffen. Anstelle der Juniorprofessur sind in ausreichendem Umfang Assistentenstellen als Qualifikationsstellen zu schaffen.Seite 18
Naja, aus der Praxis stellt sich mir eher ein anderes Bild dar. Eine spezielle Fähigkeit zur Lehre (evtl. sogar eine pädagogische Qualifikation) wird durch keine der akademischen Stufen garantiert. Das ist Learning-by-Doing und besagtes Doing findet weder durch die Dissertation noch durch die Habilitation statt, sondern parallel dazu. Ob man gute Lehre macht, hat kaum Auswirkungen auf die Qualifikation. Deswegen ist die Qualität ja auch so unterschiedlich. Traditionalismus ändert das auch nicht. Wie wir ja sehen. Besser wäre es, eine verbindliche Qualifikation für Lehrende zu etablieren. Aber das Qualitätsmanagement in diesem Bereich steckt noch in den Kinderschuhen.
Die Frage nach der historischen und kulturellen Wandlung von Geschlechterrollen ist eine legitime Forschungsfrage der Geisteswissenschaften. Allerdings bedarf es dafür keiner eigenen Lehrstühle und Disziplinen.Seite 19
Naja, offenbar doch. Das Fächerspektrum der Geisteswissenschaften ist ja nur dadurch entstanden, dass neue Forschungszweige etabliert, verstetigt und institutionalisiert wurden. Warum nun ausgerechnet da nicht? Außerdem: Seit wann darf die Politik den Unis in ihr Fächerspektrum und die Disziplinen reinreden und damit deren Unabhängigkeit mit Füßen treten? Ach ja, seitdem man bei der Bildung sparen muss. Da scheint die AfD ja mal auf der Höhe der Zeit zu sein…
Die Internationalisierung aller Lebensbereiche, die Herausbildung einer multikulturellen Gesellschaft auf deutschem Boden und der fehlende Mut zu unserer deutschen Leitkultur schwächen den gesellschaftlichen Zusammenhalt und gefährden auf lange Sicht die Demokratie selbst.Seite 20
Na, da läuft es einem doch kalt den Rücken runter, oder? Genau, Pluralität (aka Internationalisierung) in Gesellschaft und Kultur ist der direkte Gegensatz von Demokratie! Demokratie geht eigentlich nur unter Deutschen. Und Griechen, die haben’s ja erfunden. Und dass die Demokratie historisch ein internationales Projekt mit Frankreich, England etc. und deren Kolonien ist… geschenkt! Als ob die etwas dazu beigetragen haben, dass es in Deutschland Demokratie gibt… Btw. wenn von deutschem Boden die Rede ist, in welchen Grenzen befindet sich der dann laut AfD eigentlich?
Museen, Orchester und Theater sind in der Pflicht, einen positiven Bezug zur eigenen Heimat zu fördern. Die Bühnen des Landes Sachsen-Anhalt sollen neben den großen klassischen internationalen Werken stets auch klassische deutsche Stücke spielen und sie so inszenieren, dass sie zur Identifikation mit unserem Land anregen.Seite 20
Betonung liegt auf klassisch. Und auf Ideologisierung der kulturellen Inhalte mit öffentlicher Finanzierung. Wann hatten wir das schon mal… Mist, hätte ich den AfD’schen Geschichtsunterricht besucht, wüsste ich das wahrscheinlich.
An dieser Stelle überspringe ich aus Platzgründen die zweite Hälfte des Programms zu den Themen Zuwanderung und Asylpolitik (lesenswert), Wirtschafts-, Finanz- und Mittelstandspolitik, Energie- und Verkehrspolitik (laaangweilig) sowie Verwaltung, Innere Sicherheit, Recht (geht so). Vielleicht liefere ich da noch was nach.
Fazit
Fairerweise sei gesagt: Man findet einige Inkonsistenzen wie obige vielleicht auch bei anderen Parteien. Konsistent ist aber, dass man konservativ an Konzepten aus dem letzten Jahrtausend festhalten oder sie sogar wieder zurückbringen möchte. Immer mit dem Argument, dass es doch damals besser war. Aber ohne Begründung. Â Einige der Forderungen erinnern mich auch an die DVU, die einige Jahre im Landtag saß. Oder die NPD, die auf ihren Plakaten ähnliche Forderung hat, vielleicht nur platter. Erfolg hatten beide damit nie langanhaltend, auch weil sie von den Fakten der Realität eingeholt wurden, zwei Begriffe, die der AfD auch Unbehagen bereitet dürften.
Die AfD hat nicht nur unvernünftige Vorschläge. Aber die vernünftigen Vorschläge findet man auch bei anderen Parteien. Bei der CDU, bei den Grünen, bei den Piraten (auch, wenn wir leider nicht zur Wahl stehen in 2016). Innovatives gibt es bei der gut abgestandenen AfD nicht, da soll man sich nicht täuschen. Darum rate ich den Protestwählern, die Ihr Kreuz nicht bei den großen bzw. etablierten Parteien machen wollen: Es gibt noch mehr Alternativen. Die Alternative für Deutschland ist nicht alternativlos. Und ansonsten: Viel Spaß beim Wählen!
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